Bundesinnenministerin Nancy Faeser durfte dazu appellieren, sich nicht gleichzeitig an vielen Orten gegen die Corona-Maßnahmen zu versammeln. Denn damit wollte sie lediglich auf die erschwerte Arbeit der Polizei hinweisen, so das VG Berlin.
Ein Tweet von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zu Protesten gegen die Corona-Maßnahmen war nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin zulässig, wie das Gericht am Dienstag mitteilte (Beschl. v. 21.02.2022, Az. VG 6 L 17/22).
Faeser hatte am 19. Januar auf ihrem privaten Account getwittert: "Ich wiederhole meinen Appell: Man kann seine Meinung auch kundtun, ohne sich gleichzeitig an vielen Orten zu versammeln". Entsprechend hatte sie sich auch bereits auf einer Pressekonferenz des Ministeriums zuvor geäußert. Diese Äußerung wollte der Antragsteller im Eilverfahren gerichtlich verbieten lassen, weil er sich dadurch in seinem Versammlungsgrundrecht beeinträchtigt sah.
Das VG Berlin hat den Eilantrag nun aber zurückgewiesen. Dieser sei bereits unzulässig, weil es dem Mann an der Antragsbefugnis fehle. Er habe nicht ausreichend geltend gemacht, dass ihn die Äußerung der Bundesinnenministerin in seinen Rechten beeinträchtige.
Unverbindlicher Appell und keine Abwertung von Protesten
Der Tweet beziehe sich nämlich nicht auf die von ihm angemeldeten Versammlungen gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen. Faesers Äußerung richte sich vielmehr gegen nicht angemeldete Proteste, bei denen sich Menschen zu sogenannten "Spaziergängen" gezielt an vielen Orten gleichzeitig versammelten, so das Berliner Gericht. Eine solche Protestform habe der Antragsteller aber gar nicht geplant. Zudem handelte es sich aus Sicht des VG lediglich um "einen unverbindlichen Appell, der keine generelle Abwertung oder Missbilligung von Protesten gegen Corona-Maßnahmen enthalte".
Ungeachtet dessen darf sich die Bundesregierung aber auch so öffentlich äußern. Für das VG war die Äußerung sowohl von der Kompetenzordnung des Grundgesetzes (GG) gedeckt, als auch mit dem Sachlichkeitsgebot vereinbar. Der Appell, sich nicht gleichzeitig an vielen Orten zu versammeln, wolle nicht regierungskritischer Positionen herabsetzen, erklärt die 6. Kammer. Vielmehr sei es der Ministerin darum gegangen, auf die erschwerte Arbeit der Sicherheitsbehörden hinzuweisen. Diese müssten einerseits das Versammlungsrecht gewährleisten und anderseits die Corona-Maßnahmen durchsetzen.
Rechtskräftig ist die Entscheidung noch nicht. Gegen den Beschluss kann noch Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg eingelegt werden.
mgö/LTO-Redaktion
VG Berlin zum Äußerungsrecht der Bundesinnenministerin: . In: Legal Tribune Online, 15.03.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47832 (abgerufen am: 05.10.2024 )
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