Wie Parteien sich im Einzelnen finanzieren, ist oft unklar. Nun hat die Organisation Abgeordnetenwatch vor dem VG Berlin einen Sieg gegen die Bundestagsverwaltung erstritten. Diese muss entsprechende Informationen herausgeben.
Der Deutsche Bundestag muss Unterlagen an die Organisation Abgeordnetenwatch herausgeben, die Auskunft über Parteispenden und Rechenschaftsberichte geben. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin in einem am Mittwoch bekannt gewordenen Urteil entschieden (Urt. v. 27.01.2017, Az. 2 K 292.16).
Nach aufsehenerregenden Vorfällen wie der "Rent a Sozi"-Affäre der SPD und dem Parteisponsoring des Tabakkonzerns Philip Morris steht das Thema Parteienfinanzierung wieder im Fokus der Öffentlichkeit. Dem Informationsbedürfnis bezüglich der Finanzen großer deutscher Parteien widmete sich Abgeordnetenwatch mit ihrem Antrag vor dem VG.
Das nun ergangene Urteil, welches LTO vorliegt, verpflichtet den Bundestag, den Transparenz-Aktivisten Zugang zu gewähren zu sämtlichen dort vorhandenen "Korrespondenzen, Vermerken, Dienstanweisungen oder sonstigen amtlichen Aufzeichnungen im Zusammenhang mit den Rechenschaftsberichten 2014, sowie den Parteispenden 2014 der Parteien CDU, CSU, SPD, Grüne, Linke, FDP und AfD stehen".
Abgeordnetenwatch stützt sich auf IFG
Mit ihrem Auskunftsersuchen hatte sich Abgeordnetenwatch auf § 1 des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) gestützt. Die Vorschrift gewährt jedem Bürger einen grundsätzlichen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Der Anspruch wird lediglich durch die nachfolgenden Ausnahmetatbestände beschränkt.
Die Bundestagsverwaltung hatte den Antrag der Organisation abgelehnt und auf das Parteiengesetz (PartG) verwiesen, welches mit den jährlichen Rechenschaftsberichten eine abschließende Regelung über Auskünfte zur Parteienfinanzierung darstelle. Dem Schutz und Vertraulichkeitsinteresse der Parteien sei insofern vom Gesetzgeber Vorrang vor dem Transparenzbedürfnis der Öffentlichkeit eingeräumt worden, weshalb das IFG in diesem Fall keine Anwendung finde.
Zudem drohe eine Verzerrung des politischen Wettbewerbs, wenn Informationen zu Parteien Dritten selektiv zugänglich gemacht würden. Die Parteien seien im Übrigen über das auch für sie geltende Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor derartigen Auskünften geschützt.
PartG sperrt Auskunftsanspruch nicht
Abgeordnetenwatch argumentierte dagegen, das PartG regele nur, was zwingend veröffentlicht werden müsse, nicht aber, was veröffentlicht werden dürfe. Es sei somit keine Spezialregelung, welche die Anwendbarkeit des IFG ausschließe. Auch habe bei der Regelung über die Rechenschaftspflichten der Parteien keine abschließende Abwägung der Interessen von Öffentlichkeit und Parteien stattgefunden, welche sonst jeden Zugang zu darüber hinausgehenden Informationen ausschließen würde.
Das Gericht folgte dieser Auffassung und sprach den Aktivisten einen Anspruch nach § 1 IFG zu. Das PartG stelle keine Spezialregelung dar und sperre die Vorschrift somit nicht, führte die Kammer aus. Die Vorschriften des PartG regelten "allein die verpflichtende Unterrichtung des Bundestags und der Öffentlichkeit über Einzelheiten der Parteifinanzen". Ein subjektives Recht des Bürgers auf Zugang zu den der Bundestagsverwaltung vorliegenden Informationen über die Rechnungslegung der Parteien vermittelten sie aber gerade nicht.
"Das Urteil bringt uns dem Ziel näher, die Parteienfinanzierung transparenter zu machen" erklärte Roman Ebener von Abgeordnetenwatch gegenüber dem Spiegel. Sollte das Urteil auch in den höheren Instanzen Bestand haben, so werde dies zur Information der Öffentlichkeit über wirtschaftliche Verflechtungen und Abhängigkeiten der Parteien beitragen.
mam/LTO-Redaktion
Mit Materialien von dpa
VG Berlin bejaht Auskunftsanspruch: . In: Legal Tribune Online, 08.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22037 (abgerufen am: 07.10.2024 )
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