Nach Verwandtenaffäre in Bayern: Rechnungshof erhebt Vorwürfe gegen Landtag

13.08.2013

Nach der Verwandtenaffäre im Bayerischen Landtag erhebt der Oberste Rechnungshof schwere Vorwürfe gegen das Parlament. Die umstrittene Altfallregelung zur Beschäftigung von Eheleuten und Kindern hätte nach Ansicht der Finanzprüfer schon seit dem Jahr 2004 nicht mehr angewendet werden dürfen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Sonder-Prüfbericht der Behörde, dessen Inhalt am Dienstag bekannt wurde.

Dieser Punkt ist aber rechtlich umstritten: Ein vom Landtag eingeschalteter Verfassungsrechtler kommt nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa zum gegenteiligen Ergebnis: Die Altfallregelung habe auch nach 2004 noch gegolten, so dass das Landtagsamt entsprechende Beschäftigungsverhältnisse nicht hätte beanstanden müssen. Die Altfallregelung erlaubte Abgeordneten, bestehende Arbeitsverhältnisse mit Eheleuten und Kindern weiterlaufen zu lassen, auch wenn solche Verträge im Jahr 2000 verboten wurden.

Hintergrund des juristischen Streits ist, dass die Altfallregelung in neueren Fassungen des Abgeordnetengesetzes tatsächlich nicht mehr enthalten ist, sondern nur noch in den dazugehörigen Richtlinien. Das Landtagsamt argumentiert allerdings schon lange, dass im Gesetz lediglich eine "redaktionelle Folgeänderung" versäumt worden sei.

Und tatsächlich war die Fortführung der Altfallregelung auch politisch gewollt: Im Jahr 2002 schlug der Landtag sogar fraktionsübergreifend eine Aufforderung der unabhängigen Diätenkommission in den Wind, die  Familienbeschäftigung im darauffolgenden Jahr zu beenden.

Viele Abgeordnete vor allem in den Reihen der CSU nutzten die Altfallregelung noch bis vor kurzem und teilweise üppig aus. CSU-Fraktionschef Georg Schmid musste deshalb seinen Posten räumen.

Weiteres Rechtsgutachten beauftragt

Der Oberste Rechnungshof wirft in seinem Bericht auch die Frage auf, ob der Landtag das seit 2004 an die betroffenen Abgeordneten-Familien geflossene Geld zurückfordern könnte. Andererseits verweisen die Finanzprüfer auch gleich darauf, dass die Abgeordneten wohl Vertrauensschutz genießen - weil sie davon ausgingen, völlig rechtmäßig zu handeln.

Das Landtagsamt bleibt trotz der Kritik des Obersten Rechnungshofs bei seiner Einschätzung, dass die Altfallregelung bei der Verwandtenbeschäftigung auch nach 2004 gültig war. Die Regelung sei nach Ansicht des Landtagsamts nicht aufgehoben worden, teilte Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) am Dienstag nach einer Sondersitzung des Präsidiums mit. Allerdings solle ein weiteres Rechtsgutachten eingeholt werden.

FDP-Fraktionschef Thomas Hacker forderte, die Rechtmäßigkeit der Altfallregelung müsse geklärt werden. "Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Leistungen an Abgeordnete müssen ausgeräumt werden. Das ist ein unverzichtbarer Schritt hin zur Wiederherstellung des Vertrauens der Bürgerinnen und Bürger in die Politik." Auch Ulrike Gote (Grüne) betonte, es sei richtig, nun ein drittes Gutachten einzuholen.

dpa/asc/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Nach Verwandtenaffäre in Bayern: . In: Legal Tribune Online, 13.08.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9346 (abgerufen am: 10.12.2024 )

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