EuGH zur Vertragsverletzungsklage gegen die Slowakei: Einreiseverbot des ungarischen Präsidenten gerechtfertigt

16.10.2012

Die Slowakei verstieß nicht gegen Unionsrecht, als sie dem Präsidenten Ungarns die Einreise in ihr Hoheitsgebiet verweigerte. Der Umstand, dass ein Unionsbürger das Amt eines Staatsoberhaupts bekleidet, kann eine Beschränkung des Rechts auf Freizügigkeit rechtfertigen. Das entschied der EuGH mit Urteil vom Dienstag.

Zwar genieße der ungarische Präsident als Staatsangehöriger eines EU-Mitgliedstaats den Status eines Unionsbürgers und damit das Recht, sich in der EU frei zu bewegen und aufzuhalten. Ein Staatsoberhaupt habe darüber hinaus jedoch besondere Vorrechte und Schutzpflichten, die auf allgemeinem Völkergewohnheitsrecht und multilateralen Abkommen beruhten. So verpflichte die Anwesenheit eines Staatsoberhaupts im Hoheitsgebiet eines fremden Staates letzteren dazu, den Schutz des Politikers zu gewährleisten unabhängig von der Rechtsgrundlage seines Aufenthalts.

Eine derartige Besonderheit sei geeignet, die Person, die diesen Status genieße, von allen anderen Unionsbürgern abzugrenzen, stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) fest. Folglich könne der Umstand, dass ein Unionsbürger das Amt eines Staatsoberhaupts bekleide, eine aus dem Völkerrecht folgende Beschränkung des Rechts auf Freizügigkeit rechtfertigen. Das Unionsrecht verpflichte die Slowakei nicht dazu, die Einreise des ungarischen Präsidenten in ihr Hoheitsgebiet zu gewährleisten. Ein Rechtsmissbrauch läge nicht vor (Urt. v. 16.10.2012, Rechtssache C-364/10).

Hintergrund der Entscheidung war eine von Ungarn erhobene Vertragsverletzungsklage. Auf Einladung einer in der Slowakei ansässigen Vereinigung sollte der Präsident Ungarns, László Sólyom, am 21. August 2009 in die slowakische Stadt Komárno reisen, um an der Feier zur Einweihung einer Statue des Heiligen Stephan teilzunehmen. Der Tag ist für die Slowakei jedoch ein heikles, da am 21. August 1968 die Streitkräfte von fünf Staaten des Warschauer Paktes, darunter ungarische Truppen, in die Sozialistische Republik Tschechoslowakei einmarschierten. Das slowakische Außenministerium untersagte daher dem Präsidenten Ungarns die Einreise.

 plö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH zur Vertragsverletzungsklage gegen die Slowakei: Einreiseverbot des ungarischen Präsidenten gerechtfertigt . In: Legal Tribune Online, 16.10.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7319/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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