Bundesanwaltschaft lässt IS-Rückkehrerin verhaften: Haus­be­set­zung für den "Isla­mi­schen Staat"?

07.08.2019

Die Bundesanwaltschaft hat eine IS-Rückkehrerin verhaften lassen - zuvor hatte der BGH schon einmal den Haftbefehl ausdrücklich abgelehnt. Ein weiterer Entwicklungsschritt im Umgang mit IS-Rückkehrerinnen.

Die Bundesanwaltschaft hat am Dienstag die deutsche Staatsangehörige Sibel H. aufgrund eines Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs (BGH) durch Beamte des Bundeskriminalamts in Bayern verhaften lassen. Der vom BGH-Ermittlungsrichter abgesegnete Haftbefehl stellt einen weiteren Entwicklungsschritt für die juristische Bewertung im Umgang mit IS-Rückkehrerinnen dar.

Der Beschuldigten wird vorgeworfen, im Frühjahr 2016 gemeinsam mit ihrem Ehemann nach Syrien und später in den Irak gereist zu sein, um dort im Herrschaftsgebiet des sogenannten "Islamischen Staates" (IS) zu leben. Dort soll sie gemeinsam mit ihrem Ehemann in Häusern gewohnt haben, deren ursprünglichen Bewohner vom IS vertrieben worden seien. Der IS habe sie dann verwaltet und dem Paar zugewiesen. Dort soll H. den Haushalt verrichtet haben, damit ihr Ehemann uneingeschränkt dem "IS" zur Verfügung stehen konnte. Zudem soll sie Zugriff auf verschiedene Sturmgewehre und Magazine gehabt haben. 

Die Bundesanwaltschaft verdächtigt H. dringend der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland in fünf Fällen. In einem dieser Fälle werden ihr zudem Kriegsverbrechen gegen das Eigentum und sonstige Rechte sowie ein Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz zur Last gelegt.  

BGH sah zunächst keine Beteiligung

Der Antrag auf Erlass eines Haftbefehls gegen H. war im Oktober 2017 zunächst abgelehnt worden. Eine Beschwerde der Bundesanwaltschaft dagegen wurde vom BGH als unbegründet verworfen (Beschl. v. 22.03.2018, Az. StB 32/17). Der BGH ging damals davon aus, dass das alltägliche Leben im "Kalifat" als solches keine mitgliedschaftliche Betätigung für den IS darstellt. Darin, dass sie den "häuslichen Pflichten" nachkam, könne laut BGH keine Erfüllung einer ihr seitens des IS übertragenen organisationsbezogenen Aufgabe gesehen werden.

Die nachfolgenden Ermittlungen haben den Tatverdacht wegen des Tatvorwurfs der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland und der anderen Delikte aber nunmehr verdichtet. H. wurde am Dienstag dem Ermittlungsrichter beim BGH vorgeführt, der ihr den Haftbefehl verkündet und den Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet hat.

Das OLG Stuttgart hatte Anfang Juli eine deutsche IS-Rückkehrerin zu fünf Jahren Haft verurteilt. Neben anderen Vorwürfen argumentierte auch in diesem Verfahren die Bundesanwaltschaft, dass die Frau mit ihrer Familie ein Wohnhaus "besetzt" haben und damit den Herrschaftsanspruch des IS in dem Gebiet gesichert haben.

acr/kus/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Bundesanwaltschaft lässt IS-Rückkehrerin verhaften: Hausbesetzung für den "Islamischen Staat"? . In: Legal Tribune Online, 07.08.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/36927/ (abgerufen am: 18.04.2024 )

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