Der Thüringer VerfGH hat die Regelung für die Reihenfolge der Parteien auf dem Stimmzettel für verfassungswidrig erklärt. Die Wahl zum 6. Thüringer Landtag bleibt trotzdem gültig.
§ 31 Abs. 3 des Thüringer Landeswahlgesetzes (ThürLWG) ist nicht mit der Verfassung vereinbar. So entschied der Thüringer Verfassungsgerichtshof (VerfGH) in einem am Dienstag bekannt gewordenen Urteil (v. 09.07.2015, Az. VerfGH 9/15). Damit kippte er die Entscheidung der Vorinstanz.
Nach § 31 Abs. 3 ThürLWG werden bei einer Landtagswahl auf dem Stimmzettel zunächst die Parteien, die im letzten Landtag vertreten waren, in der Reihenfolge des Stärkeverhältnisses der Landesstimmen bei der letzten Landtagswahl aufgeführt. Die nicht im letzten Landtag vertretenen Parteien schließen sich in alphabetischer Reihenfolge an.
Die Beschwerdeführerin, eine wahlberechtigte Bürgerin, legte zunächst Einspruch gegen die Landtagswahl vom 14. September 2014 ein, der vom Landtag zurückgewiesen wurde. Dagegen erhob die Frau eine Wahlprüfungsbeschwerde zum VerfGH mit der Begründung, dass die Festlegung der Reihenfolge der Parteien auf dem Stimmzettel gegen den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit und der Chancengleichheit der Parteien verstoße. Insbesondere müsse auch bei den nicht im letzten Landtag vertretenen Parteien das Stärkeverhältnis der Stimmen bei der vorherigen Wahl für die Reihenfolge entscheidend sein. Deshalb sei die Wahl zum 6. Thüringer Landtag für ungültig zu erklären und Neuwahlen anzuordnen.
Stimmzettelgestaltung verfassungswidrig, Wahl trotzdem gültig
Die Thüringer Richter gaben der Beschwerde teilweise statt. Die Festlegung der Reihenfolge der Parteien auf dem Stimmzettel verstoße gegen den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit und der Chancengleichheit der Parteien. Ein Einfluss der Reihenfolge der Parteien auf dem Stimmzettel auf das Wählerverhalten könne nicht ausgeschlossen werden. Parteien, die im Landtag vertreten sind, und Parteien, die nicht im Landtag vertreten sind, würden bei der Festlegung der Reihenfolge unterschiedlich behandelt.
Es sei auch kein verfassungsrechtlich anzuerkennender Grund dafür denkbar, dass bei nicht im Landtag vertretenen Parteien, die allerdings an der vorherigen Wahl teilgenommen haben, nicht das Ergebnis der letzten Landtagswahl als Kriterium für die Reihenfolge auf dem Wahlbogen herangezogen werde - so wie dies bei den zuvor im Landtag vertretenen Parteien getan wurde.
Die Gültigkeit der Landtagswahl werde jedoch nicht berührt. Ein Einfluss dieses Wahlfehlers auf die Sitzverteilung im 6. Thüringer Landtag sei nach dem konkreten Wahlergebnis nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen. Denjenigen Parteien, die an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten, fehle eine bedeutende Zahl an Stimmen. Es sei nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht vorstellbar, dass sie diese Masse an fehlenden Stimmen bei einer anderen Gestaltung der Stimmzettel hätten erreichen können.
Einen ähnlichen Fall entschieden die Kollegen der Verfassungsrichter aus dem Saarland. Damals blieb die Wahl trotz wesentlich zahlreicherer Verstöße gültig.
ms/LTO-Redaktion
VerfGH Thüringen zu Landtagswahl: . In: Legal Tribune Online, 21.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16309 (abgerufen am: 06.12.2024 )
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