Reiche Gemeinden in NRW müssen die armen mitfinanzieren. Ein Verstoß gegen die kommunale Finanzhoheit, sagen die finanzkräftigen unter ihnen. Der VerfGH NRW hat ihre Klage gegen die Umlage nun aber abgewiesen.
Der "Kommunal-Soli" in Nordrhein-Westfalen steht nicht im Widerspruch zum Grundgesetz. Das hat der Verfassungsgerichtshof (VerfGH) Nordrhein-Westfalen in Münster am Dienstag entschieden. Damit wiesen die Richter die Klage von über 70 Städten und Gemeinden gegen das sogenannte Stärkungspaktgesetz Stadtfinanzen ab. Gegenstand dieser Regelungen ist eine von bestimmten, als besonders finanzkräftig angesehenen Gemeinden zu erbringende Solidaritätsumlage, aus deren Aufkommen Finanzhilfen für Gemeinden in einer besonders schwierigen Haushaltssituation mitfinanziert werden.
Die Gemeinden hatten geltend gemacht, durch ihre Heranziehung zur Solidaritätsumlage würden ihnen unter Verstoß gegen die verfassungsrechtlich gewährleistete kommunale Finanzhoheit insgesamt rund 775,5 Millionen Euro entzogen, die ihnen durch Bundesrecht zugewiesen seien. Hierzu fehlten dem Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz und die materiell-rechtliche Befugnis. Ferner verstoße die konkrete gesetzliche Ausgestaltung der Solidaritätsumlage gegen das Nivellierungs- beziehungsweise Übernivellierungsverbot, das Übermaßverbot und das Gebot interkommunaler Gleichbehandlung.
Das Gericht sprach zwar von einem problematischen Spannungsverhältnis zwischen Werkzeugen wie dem "Kommunal-Soli" als Finanzausgleichsumlage und dem Grundsatz der kommunalen Selbstverantwortung. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Überschuldung vieler kommunaler Haushalte in Nordrhein-Westfalen sei die Solidaritätsumlage am Ende aber ein Schutz für die Selbstverwaltungsgarantie. "Der Kommunal-Soli ist deshalb ausnahmsweise zulässig, die finanzielle Belastungen für die umlagepflichtigen Gemeinden sind zumutbar", sagte die Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs, Ricarda Brandts, in ihrer Begründung.
Die in Münster zahlreich erschienen Vertreter der über 70 klagenden Kommunen zeigten sich nach dem Urteil tief enttäuscht und sprachen von einem Schlag ins Gesicht. Sabine Noll, Kämmerin der Stadt Monheim, hofft jetzt auf das Bundesverfassungsgericht. "Leider ist Münster unserer Argumentation nicht gefolgt und wir hoffen jetzt, dass Karlsruhe das anders sieht", sagte sie. Monheim am Rhein, vor Jahren noch selbst hochverschuldet, zahlte 2015 mit 22,6 Millionen Euro einen Großteil der Umlage. "Wir fühlen uns für unser gutes Wirtschaften bestraft", sagte die Kämmerin.
Rechtsanwalt Jörg Wacker, Vertreter der klagenden Kommunen, sprach von einem politischen Urteil: "Der Gerichtshof argumentiert mit der Haushaltslage des Landes und nicht mit der Verfassung." Unabhängig von der Verfassungsklage in Nordrhein-Westfalen und vorbehaltlich der Zustimmung der Kommunen solle jetzt Karlsruhe die umstrittene Umlage auf Bundesrecht überprüfen, kündigte Wacker an.
dpa/acr/LTO-Redaktion
VerfGH NRW zu Solidaritätsumlage: . In: Legal Tribune Online, 30.08.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20425 (abgerufen am: 12.11.2024 )
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