Die FDP-Fraktionen in NRW und Bremen wollten per Eilantrag verhindern, dass die Landesregierungen einer Grundgesetzänderung zur Schuldenbremse im Bundesrat zustimmen. Die zwei Verfassungsgerichtshöfe lehnten die jeweiligen Anträge jedoch ab.
Der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof (VerfGH NRW) hat einen Eilantrag der FDP-Fraktion im Landtag abgelehnt, mit dem sie die Zustimmung der Landesregierung zur geplanten Grundgesetzänderung im Bundesrat verhindern wollte. Hintergrund des Streits ist das von Union, SPD und Grünen im Bundestag auf den Weg gebrachte Finanzpaket, das eine Lockerung der Schuldenbremse vorsieht. Der Antrag sei unzulässig, weil die FDP nicht habe darlegen können, dass Rechte des Landtags verletzt werden (Beschl. v. 20.03.2025, Az. VerfGH 21/25).
Der Bundestag hatte am Dienstag die Finanzpläne von Union, SPD und Grünen gebilligt. Konkret bedeutet das: Ausgaben für Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit sollen nur noch bis zu einer Grenze von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts – also gemessen am BIP 2024 etwa 43 Milliarden Euro – unter die Schuldenbremse fallen. Alles darüber hinaus kann aus Krediten bezahlt werden. Die Länder sollen mehr Spielraum für eigene Verschuldung bekommen. Zudem wird im Grundgesetz ein Sondervermögen für Investitionen in Infrastruktur und Klimaneutralität verankert, das von der Schuldenbremse ausgenommen und mit 500 Milliarden Euro aus Krediten gefüttert werden soll.
Da hierfür mehrere Grundgesetzänderungen erforderlich sind, bedurfte es einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestags, das entspricht 489 Stimmen. Die wurde am Dienstag erreicht: Insgesamt 513 Abgeordnete stimmten dem Vorhaben zu. Es gab 207 Nein-Stimmen und keine Enthaltungen.
Das Vorhaben muss am kommenden Freitag aber auch noch durch den Bundesrat, wo ebenfalls eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist. In Nordrhein-Westfalen kündigte die FDP-Landtagsfraktionen an, die Zustimmung der Bundesländer im Bundesrat verhindern zu wollen. NRW-FDP-Chef Henning Höne begründete das Vorgehen damit, dass mit den Grundgesetzänderungen eine unzulässige Einmischung in die Verfassungsautonomie der Länder einhergehe. Es werde das Mitwirkungsrecht des Parlaments nach Art. 69 der nordrhein-westfälischen Landesverfassung (LVerf NRW) verletzt.
Der VerfGH NRW sah dies jedoch anders und wies den entsprechenden Eilantrag der Fraktion zurück.
Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs
Die Richter begründeten die Ablehnung des Eilantrags in erster Linie mit der fehlenden Antragsbefugnis der FDP-Fraktion. In dem hier angestrengten Organstreitverfahren könne ein Antragsteller nur dann eine Rechtsverletzung geltend machen, wenn er selbst oder das Organ, für das er prozessstandschaftlich auftritt, in eigenen Rechten betroffen ist. Der Landtag NRW könne jedoch nicht für sich beanspruchen, in seinen Rechten verletzt zu sein, da die geplante Grundgesetzänderung unmittelbar keine landesverfassungsrechtlichen Vorschriften aufhebe oder ändere.
Zudem stellte der Verfassungsgerichtshof klar, dass die LVerf NRW keine eigenständige Regelung zur Schuldenbremse enthalte, die durch die geplante Änderung von Art. 109 Abs. 3 Grundgesetz (GG) unmittelbar betroffen wäre. Art. 109 Abs. 3 GG regelt, dass die Haushalte von Bund und Ländern grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen sind. Die FDP-Fraktion habe nicht schlüssig dargelegt, weshalb die landesverfassungsrechtliche Vorschrift zur Kreditaufnahme (Art. 83 Satz 2 LVerf NRW) aufgrund der neuen Grundgesetzregelung automatisch außer Kraft treten oder in ihrer Wirkung beeinträchtigt werden würde.
Damit spricht zumindest rechtlich nichts dagegen, dass die NRW-Landesregierung der Grundgesetzänderung am Freitag im Bundesrat zustimmt.
Auch für Bremen grünes Licht
Der Staatsgerichtshof Bremen hat ebenfalls den Eilantrag der dortigen FDP-Fraktion abgelehnt, die Zustimmung des Bremer Senats zur geplanten Grundgesetzänderung im Bundesrat zu verhindern.
Die Fraktion hatte ebenfalls argumentiert, dass der Senat der Freien Hansestadt Bremen durch eine im Bundesrat abgegebene Zustimmung zur Änderung des Art. 109 Abs. 3 GG das Recht der Bürgerschaft auf Mitwirkung bei der Änderung der Landesverfassung sowie seine Verpflichtung zur Verfassungsorgantreue gegenüber der Bürgerschaft verletze. Der Gerichtshof entschied jedoch, dass die Bremische Bürgerschaft schon keine Mitwirkungsbefugnis bei der Bundesgesetzgebung habe und dass die geplante Grundgesetzänderung keine unmittelbare Wirkung auf die Landesverfassung habe.
Außerdem sei die Prüfung der Vereinbarkeit der geplanten Änderungen mit dem Grundgesetz dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten, so der Staatsgerichtshof.
Im Ergebnis dürfte zumindest rechtlich gesehen auch Bremen im Bundesrat der Grundgesetzänderung zustimmen.
xp/LTO-Redaktion
Landesverfassungsgerichte NRW und Bremen: . In: Legal Tribune Online, 20.03.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56837 (abgerufen am: 19.04.2025 )
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