Verfassungsschutzbericht 2020: Mehr poli­tisch moti­vierte Straf­taten in der Pan­demie

15.06.2021

Sowohl rechts- als auch linksextremistische Straftaten sind im Jahr 2020 angestiegen. Das geht aus dem Verfassungsschutzbericht hervor, der eine erhöhte Angriffsfläche für Cyberattacken auch mit dem Anstieg von Home Office begründet.

Die Zahl politisch motivierter Straftaten hat im Jahr 2020 seinen Höchststand erreicht. Das geht aus dem Verfassungsschutzbericht 2020 hervor, den Bundesinnenminister Horst Seehofer am Dienstag gemeinsam mit dem Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, vorgestellt hat. 

So wurden laut Pressemitteilung im Jahr 2020 44.692 politisch motivierte Straftaten registriert. Davon sind laut Bericht rund 23.000 rechts und rund 11.000 links motiviert gewesen. Insgesamt stellen Propagandadelikte den Großteil der registrierten Straftaten dar, wobei die Zahl mit rund 15.000 Delikten gegenüber 2019 leicht zurückgegangen sei. Allerdings habe die politisch motivierte Gewaltkriminalität um 19 Prozent auf gut 3.000 Straftaten zugenommen. Davon fallen rund je ein Drittel auf rechtsextremistische und linksextremistische Taten.

Reichsbürgerszene in der Pandemie gewachsen

Seehofer sagte: "Die Aufklärungsarbeit des Bundesamts für Verfassungsschutz ist unverzichtbar für unser Sicherheitssystem." Haldewang ergänzte: "Extremisten und Terroristen gehen nicht in den Lockdown. Sie schmieden weiterhin Pläne gegen unsere Demokratie."

So ist nach Angaben des BMI auch das rechtsextremistische Personenpotenzial 2020 angestiegen und liegt derzeit bei rund 33.000 Personen. Der Anstieg der rechtsextremistischen Straftaten beträgt rund 5 Prozent. Der Anstieg der "'Reichsbürger und Selbstverwalter'" um ebenfalls 5 Prozent sei auf die Proteste rund um die Pandemie zurückzuführen. Die Priorität der Sicherheitsbehörden liege auf der Entwaffnung dieser Szene.

Lambrecht wirbt für Gesetz zur Föderung der wehrhaften Demokratie

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht  (SPD) erklärte, der Rechtsextremismus sei die größte Bedrohung für die offene und vielfältige Gesellschaft. "Es ist unerträglich, dass Rassisten und Antisemiten jeden Tag Mitmenschen in unserem Land angreifen. Das erfordert konsequentes Handeln", kommentierte Lambrecht die Zahlen aus dem Verfassungsschutzbericht. Sie ergänzte, dass das geplante Gesetz zur Förderung der wehrhaften Demokratie dafür ein zentrales Element sei. "Ich werde mich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass dieses wichtige Gesetz noch kommt", so Lambrecht.

Linksextremistisch motivierte Straftaten erreichten laut Pressemitteilung auch einen Höchststand mit einem Anstieg von 3 Prozent gegenüber 2019. Dasselbe gelte für das Personenpotenzial in der Szene. Hier seien vor allem Kleingruppenaktionen zu beobachten.

Home Office verstärkt Gefahr durch Cyberangriffe

Der Islamismus bleibe ebenfalls weiterhin eine Gefahr für die deutsche Gesellschaft. Zahlenmäßig am bedeutendsten sei dabei der Salafismus. Die Zahl der Salafisten stagniere im Jahr 2020 jedoch. In Bezug auf den IS ließen sich wieder verstärkt Aktivitäten beobachten. Ein besonderer Aspekt seien dabei die deutschen Staatsangehörigen, die sich derzeit in Haft oder Gewahrsam befänden.

Auf das coronabedingte Home Office lässt sich laut Pressemitteilung auch zurückführen, dass die Angriffsfläche für Cyberspionage und Cybersabotage sprunghaft angestiegen ist. Eine politische Einflussnahme bei der anstehenden Bundestagswahl durch Cyberangriffe sei weiterhin möglich. Zu beobachten seien auch illegale Aktivitäten fremder Nachrichtendienste.

pdi/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Verfassungsschutzbericht 2020: Mehr politisch motivierte Straftaten in der Pandemie . In: Legal Tribune Online, 15.06.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45214/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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