Überlange Dauer eines sozialgerichtlichen Verfahrens: BVerfG nimmt Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an

16.10.2012

Wie am Dienstag bekannt wurde, blieb eine Verfassungsbeschwerde gegen die überlange Dauer eines sozialgerichtlichen Verfahrens ohne Erfolg. Die Untätigkeit des Sozialgerichts über einen Zeitraum von 30 Monaten begegne zwar erheblichen Bedenken. Mangels Wiederholungsgefahr bestehe allerdings kein Rechtsschutzbedürfnis dafür, eine überlange Dauer des - inzwischen abgeschlossenen - Verfahrens durch die Karlsruher Verfassungsrichter feststellen zu lassen. 

Wirksamer Rechtsschutz bedeute auch Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit, so das Bundesverfassungsgericht (BverfG). Dem Grundgesetz (GG) ließen sich keine allgemein gültigen Zeitvorgaben dafür entnehmen, wann von einer unangemessenen Verfahrensdauer auszugehen sei. Vielmehr sei die Angemessenheit nach den besonderen Umständen des einzelnen Falles zu bestimmen. Dabei könnten insbesondere die Schwierigkeit der zu entscheidenden Materie, die Notwendigkeit von Ermittlungen in tatsächlicher Hinsicht, die Bedeutung des Verfahrens für die Prozessbeteiligten sowie deren eigenes Prozessverhalten von Bedeutung sein.

Vor diesem Hintergrund sei die Dauer des Verfahrens vor dem Sozialgericht nicht mehr angemessen. Insbesondere die Untätigkeit des Sozialgerichts über einen Zeitraum von 30 Monaten sei mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht vereinbar, sofern man den Umstand ausblendet, dass auch die Beschwerdeführerin selbst das Verfahren in dieser Zeit nicht betrieben hatte.

Rechtsschutzbedürfnis fehlt: Rechtsbehelfe stehen zur Verfügung

Gleichwohl haben die Karlsruher Richter die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Das fachgerichtliche Verfahren sei inzwischen abgeschlossen. Daher habe die Beschwerdeführerin kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für ihr Ziel, durch das BVerfG eine überlange Verfahrensdauer feststellen zu lassen (Beschl. v. 13.08.2012, Az. 1 BvR 1098/11).

Zwar habe das BVerfG unter der früheren Rechtslage ein fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis wegen Wiederholungsgefahr unter bestimmten Voraussetzungen anerkannt. Jedoch sei am 3. Dezember 2011 das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren in Kraft getreten. Dadurch stehen - auch im sozialgerichtlichen Verfahren - fachgerichtliche Rechtsbehelfe gegen überlange Gerichtsverfahren zur Verfügung und eine Wiederholungsgefahr damit ausgeschlossen.  

tko/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Überlange Dauer eines sozialgerichtlichen Verfahrens: . In: Legal Tribune Online, 16.10.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7317 (abgerufen am: 06.12.2024 )

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