DAZN, Amazon & Co.: Ver­brau­cher­schützer gegen ein­sei­tige Preis­er­höh­ungen

07.02.2025

Ob DAZN, Amazon oder Eon: Verbraucherschützer haben große Unternehmen wegen einseitiger Preiserhöhungen schon lange im Visier. Sie nutzen immer häufiger die sogenannte Verbandsklage, die umgangssprachlich auch als "Sammelklage" bekannt ist.

Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) beklagt die Preiserhöhungsklauseln in den Verträgen des Sport-Streamingdienstes DAZN als intransparent und damit unwirksam. Deshalb hat sie eine Verbandsklage gegen das Londoner Unternehmen DAZN beim Oberlandesgericht (OLG) Hamm eingereicht (Az. 12 VKl 1 /24).

Ab sofort können sich Betroffene der Klage kostenlos anschließen. Dazu müssen sie sich im Klageregister beim Bundesamt für Justiz eintragen. Betroffene könnten so zu viel gezahltes Geld zurückerhalten. Eine Anmeldung von Ansprüchen zu der Klage ist bis zum Ablauf von drei Wochen nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung möglich, so das Bundesamt. In einer Übersicht der Behörde über den Verfahrensstand wurde bislang kein Termin für eine mündliche Verhandlung veröffentlicht.
 
Der Sport-Streamingdienst DAZN bietet unter anderem Spiele der Fußball-Bundesliga und Champions League an. Laut vzbv erhöhte DAZN seine Preise 2021 und 2022 in laufenden Verträgen ohne Zustimmung der Kunden. Unter anderem sei der monatliche Preis für Bestandskunden ab August 2021 von 11,99 Euro auf 14,99 Euro gestiegen, bevor er dann im Sommer 2022 auf 29,99 Euro angehoben wurde.

Jutta Gurkmann, Leiterin des Geschäftsbereichs Verbraucherpolitik im vzbv, äußerte sich zu den Preiserhöhungen von DAZN: "Die Preiserhöhungen von DAZN in laufenden Verträgen ohne Zustimmung der Nutzer:innen sind unzulässig. Die Preiserhöhungsklauseln, die wir mit der Sammelklage angreifen, sind unser Auffassung nach unangemessen benachteiligend und intransparent. Deshalb sind sie unwirksam. Mit unserer Sammelklage können Verbraucher:innen unkompliziert und kostenlos zu ihrem Recht kommen und ihr zu viel gezahltes Geld zurückerhalten."

Neues Gesetz macht Verbandsklagen möglich

Grundlage für die in den Medien umgangssprachlich auch als "Sammelklage" bezeichnete Verbandsklage ist das Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz (VDuG), welches seit 2023 in Kraft ist.

Laut § 1 VDuG können klageberechtigte Stellen wie die Verbraucherzentralen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die mögliche Ansprüche einer Vielzahl von Verbrauchern gegen einen Unternehmer betreffen, Verbandsklagen in Form von Abhilfeklagen oder Musterfeststellungsklagen erheben. Bei der neu eingeführten Abhilfeklage erhalten Verbraucher im Erfolgsfalle Schadensersatz oder Rückerstattung direkt zugesprochen. Anders als bei der Musterfeststellungsklage erübrigt sich für Verbraucher damit ein erneuter Gang vor Gericht, um Ansprüche geltend zu machen.

Die vzbv hat gegen DAZN eine solche Abhilfeklage eingereicht, mit welcher sie eine Rückerstattung für alle im Klageregister eingetragenen DAZN-Kunden beantragt. Zeitgleich hat die vzbv eine Musterfeststellungsklage erhoben, mit welcher sie grundsätzlich feststellen lassen möchte, dass DAZN nicht berechtigt war, im Rahmen von Streaming-Abonnements die monatlichen Preise einseitig zu erhöhen.

Erfolgreiche Klagen gegen DAZN, Netflix und Spotify 

In einem Parallelverfahren hat die vzbv bereits Erfolge gegen DAZN erzielt: Das OLG München hat die Preisanpassungsklausel in den Nutzungsbedingungen von DAZN, wie sie im Februar 2022 abrufbar waren, für unwirksam angesehen und deren Verwendung untersagt (Urt. v. 11.10.2024, Az. 39 U 2482/23e). Das Gericht führte aus, dass die Klausel zu unbestimmt sei und Verbraucher hierdurch hindere, die Berechtigung von Preiserhöhungen zu überprüfen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Mit seinem Vorgehen ist DAZN nicht allein: Auch andere Streamingdienste wie etwa Amazon, Netflix und Spotify haben in jüngster Vergangenheit ihre monatlichen Abo-Preise erhöht, ohne die Zustimmung ihrer Nutzer einzuholen. So hat etwa das Kammergericht Berlin entschieden, dass die von der vzbv angegriffenen Preisänderungsklauseln von Spotify und Netflix unzulässig seien. Die Klauseln seien nach § 307 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unwirksam, weil sie die Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen würden. 

Nach Einschätzung des Gerichts durften die beiden Anbieter ihre Preise nicht einseitig anpassen, ohne dass die Kunden zugestimmt haben. Die Zustimmung zur Preiserhöhung sei ohne großen Aufwand möglich (Urt. v. 15.11.2023, Az. 23 U 15/22 und 23 U 112/22). Auch diese Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Wirkung zeigten die Urteile dennoch: Sowohl Spotify als auch Netflix haben daraufhin zunächst die Zustimmungen ihrer Bestandskunden eingeholt, bevor sie die Preise erhöhten. Spotify hat Ende 2023 die Zustimmung ihrer Nutzer für Preiserhöhungen ab dem 1. Januar 2024 eingeholt. Und auch Netflix forderte seine Nutzer zu einer ausdrücklichen Zustimmung für seine Preiserhöhungen ab April 2024 auf.

Weitere Verbandsklagen anhängig

Aktuell sind zahlreiche weitere Verbandsklagen bei Gerichten anhängig, für die sich Verbraucher ebenfalls anmelden können.

Die vzbv klagt gegen stetig steigende Fernwärmepreise der E.ON Energy Solutions GmbH und HanseWerk Natur GmbH. Auch gegen Vodafone, welches einseitig Preise für Festnetz-Internet-Verträge erhöht hat, ist eine Verbandsklage angängig.

Seit 2024 klagt die Verbraucherzentrale Sachsen e.V. gegen die Amazon Digital GmbH. Amazon hat seit Februar 2024 deutschlandweit zusätzliche Werbung für seinen Videodienst Amazon Prime Video eingeführt sowie die Qualität von Bild und Ton verringert. Zwar hat Amazon dies vorab angekündigt. Das Unternehmen setzte sein Vorhaben aber ohne Zustimmung der geschätzten 17 Millionen Kunden um. Der Maßnahme konnte man nur entgehen, wenn man ein zusätzliches Abo für weitere 2,99 Euro im Monat abschloss.

eh/LTO-Redaktion 

mit dpa-Material

Zitiervorschlag

DAZN, Amazon & Co.: . In: Legal Tribune Online, 07.02.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56543 (abgerufen am: 17.03.2025 )

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