Justizirrtum in den USA: 21 Mil­lionen Dollar für 39 Jahre Gefängnis

25.02.2019

Fast vier Jahrzehnte saß Craig Coley in den USA in Haft - für eine Straftat, die er nicht begangen hat, wie sich herausstellte. Nach der überraschenden Begnadigung erhält er für seine verlorenen Lebensjahre jetzt Millionen.

Auf den ersten Blick schien der Fall klar: Eine 24-Jährige wird von ihrem Ex-Freund kurz nach der Trennung in ihrer Wohnung geschlagen, vergewaltigt und stranguliert, ihr vier Jahre alter Sohn wird erstickt. Fast 39 Jahre saß Craig Coley für diesen Doppelmord im Gefängnis. Aber seine Verurteilung hat sich nun als falsch herausgestellt. Coley erhält deswegen eine Ausgleichszahlung in Höhe von 21 Millionen Dollar (rund 19 Millionen Euro). Es ist einer der spektakulärsten Justizirrtümer in der Geschichte der USA.

Wegen Falschaussagen, Erinnerungslücken bei Zeugen oder korrupten Ermittlern werden in den USA immer wieder Menschen zu Unrecht verurteilt. Allein 2017 wurden 139 Verurteilte deswegen freigesprochen. Dem Nationalen Freispruch-Register der Universität Michigan zufolge, die solche Fälle verfolgt, waren es seit 1989 mehr als 2.380 Freisprüche. Als "verlorene Jahre", die die Betroffenen zu Unrecht im Gefängnis saßen, zählt das Register fast 21.000 an der Zahl.

Auch im Fall der 1978 ermordeten Kellnerin und Studentin Rhonda Wicht und ihrem Sohn schien die Beweislage dünn. Aussagen von Nachbarn, die am Morgen der Tat Lärm gehört und das Auto von Restaurantmanager Coley vor Wichts Haus gesehen haben wollten, wiesen Widersprüche auf.

DNA-Test mit neuer Technik brachte neue Erkenntnisse

Im ersten Prozess kam die Jury zu keinem Urteil, aber im zweiten Verfahren wurde Coley zu lebenslanger Haft ohne Chance auf Bewährung verurteilt. Er beteuerte stets, unschuldig zu sein. Seine Anträge auf Begnadigung liefen ins Leere.

Erst ein DNA-Test mit Technik, die 1978 noch nicht verfügbar war, brachte die entscheidende Wendung: Die DNA im Sperma am Bettlaken vom Tatort deckte sich nicht mit Coleys DNA. Kaliforniens Gouverneur Jerry Brown begnadigte ihn. Im Alter von 70 Jahren wurde Coley im November 2017 aus dem Gefängnis entlassen.

Die Stadt Simi Valley bei Los Angeles soll nun etwa ein Viertel der Ausgleichszahlung von 21 Millionen Dollar an Coley tragen, der Rest soll unter anderem von Versicherungen und aus anderen Quellen kommen. Zuvor hatte ihm der Staat Kalifornien bereits eine Zahlung von zwei Millionen Dollar zugesprochen. Doch kein Geldbetrag könne wiedergutmachen, was Coley geschehen sei, teilte Stadtverwalter Eric Levitt nun mit. Angesichts der "astronomischen" Kosten für einen neuen Prozess sei eine Entschädigungszahlung hier aber "verantwortungsvoller".

Coleys Eltern haben seinen Freispruch nicht mehr erlebt. Der heute 71-Jährige will Bender zufolge nun reisen und für wohltätige Zwecke von Kriegsveteranen arbeiten. Zur Zahlung in Millionenhöhe sagte Bender der Washington Post zufolge: "Es ist definitiv ein wundervolles Geschenk unter schrecklichen Umständen." Der wahre Täter wurde nie gefasst.

dpa/mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Justizirrtum in den USA: 21 Millionen Dollar für 39 Jahre Gefängnis . In: Legal Tribune Online, 25.02.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/34049/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen