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Auszählung der Stimmen dauert an: Trumps Sie­ge­ser­klärung recht­lich bedeu­tungslos

04.11.2020

Trump spricht leidenschaftlich, gestikuliert mit den Händen, während die Stimmenauszählung noch im Gange ist.

Gage Skidmore / flickr.com / C BY-SA 2.0

Der amtierende US-Präsident Donald Trump geht von einem Wahlsieg aus, bringt aber dennoch den Supreme Court ins Spiel. Auch im Kongress bleibt es spannend.

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US-Präsident Donald Trump hat sich bei der Wahl in den USA noch vor einem Ergebnis zum Sieger erklärt. Zugleich kündigte er am Mittwochmorgen (Ortszeit) im Weißen Haus an, eine weitere Auszählung von Stimmen vom Obersten Gericht der Vereinigten Staaten stoppen lassen zu wollen. "Millionen Menschen haben heute Nacht für uns gewählt - und eine sehr traurige Gruppe von Menschen versucht diese Menschen zu entrechten. Das werden wir nicht zulassen", sagte Trump direkt zu Beginn seiner Rede. Trump sprach angesichts von Verzögerungen bei einem Wahlergebnis von "massivem Betrug". "Wir waren dabei, diese Wahl zu gewinnen. Offen gesagt haben wir diese Wahl gewonnen." US-Medien legten sich allerdings auch Stunden nach Schließung der letzten Wahllokale noch nicht auf einen Gewinner fest.

Rechtlich hat Trumps Siegeserklärung keine Bedeutung. Selbst nach dem bisherigen Auszählungsergebnissen haben weder der Republikaner Trump (74) noch sein demokratischer Herausforderer Joe Biden derzeit die Mehrheit von 270 Wahlleuten aus den Bundesstaaten, die für einen Sieg nötig wären. Beide haben rechnerisch noch Chancen, die Wahl zu gewinnen. Biden gab sich am Mittwochmorgen in seinem Heimatort Wilmington im US-Bundesstaat Delaware siegessicher. "Wir glauben, dass wir auf dem Weg sind, diese Wahl zu gewinnen", sagte der 77-Jährige, noch bevor sich Trump zu Wort meldete. "Ich oder Donald Trump können nicht verkünden, wer die Wahl gewonnen hat. Das ist die Entscheidung der Bürger Amerikas. Aber ich bin optimistisch, was das Ergebnis angeht."

Trump will vor den US Supreme Court ziehen

Trump sagte: "Wir werden vor den Supreme Court gehen. Wir wollen, dass alle Stimmabgaben stoppen. Wir wollen nicht, dass sie um vier Uhr morgens irgendwelche Stimmzettel finden und sie auf die Liste setzen." Die Wahllokale sind seit Dienstagabend (Ortszeit, Mittwoch 7.00 Uhr MEZ) geschlossen. In manchen umkämpften Bundesstaaten wie Pennsylvania können Briefwahlstimmen aber noch Tage später gezählt werden. Alleine mit seiner Siegeserklärung kann er eine Auszählung weiterer Stimmen nicht stoppen. Trump kann nach der Wahl versuchen, vor Gericht zu erwirken, Stimmen oder Ergebnisse aus bestimmten Bundesstaaten anzufechten. Trump hatte wiederholt gefordert, dass ein Wahlergebnis noch in der Nacht feststehen müsse. Die Auszählung von Stimmen auch nach dem Wahltag ist in vielen Bundesstaaten gängige Praxis. In den USA ist es üblich, dass die Präsidentenwahl noch in der Wahlnacht auf der Basis von Prognosen großer Medienhäuser entschieden wird. Die amtlichen Ergebnisse kommen teils erst viel später.

Bereits seit Wochen wird darüber spekuliert, dass die US-Wahl vor dem Supreme Court enden könnte. Ob und in welchen Fällen, die höchsten Richter entscheiden könnten, ist allerdings unklar. "Sowohl Trump als auch Biden müssen sich allerdings zunächst an die Gerichte des jeweiligen Bundesstaates wenden", erklärte Prof. Dr. Niels Petersen von der Universität Münster vor der Wahl gegenüber LTO. "Gegen deren Entscheidung kann dann auch der US Supreme Court angerufen werden. Die Richter müssen dann aber zunächst klären, ob sie überhaupt befugt sind, die Entscheidung des jeweiligen bundesstaatlichen Gerichts inhaltlich zu überprüfen."

Zum Zeitpunkt seiner Äußerung lag Trump in wichtigen Bundesstaaten vorn. Da sich die Auszählung der Briefwahlstimmen in umkämpften Bundesstaaten wie Pennsylvania aber noch über Tage hinziehen kann, kann sich dieser Trend zugunsten Bidens drehen. Das scheint Trump mit dem hochgradig umstrittenen Schritt verhindern zu wollen. Der Präsident schürt seit Monaten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wahl. Umfragen zufolge wollten landesweit vor allem Demokraten von der Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch machen, während deutlich mehr Republikaner am Wahltag persönlich abstimmen wollten. Trump hatte in den vergangenen Wochen immer wieder ohne Beleg und entgegen wissenschaftlicher Untersuchungen behauptet, Briefwahl würde Betrug Vorschub leisten. Wegen der Pandemie wurde mit einer Rekordzahl an Briefwählern gerechnet.

Der US-Präsident wird nicht direkt von den Bürgern gewählt, sondern von Wahlleuten. Deren Stimmen fallen fast überall komplett dem Sieger in dem Bundesstaat zu, der diese Wahlleute entsendet - egal, wie knapp das Ergebnis dort ausgefallen ist. Für den Einzug ins Weiße Haus sind 270 Stimmen von Wahlleuten nötig. 2016 hatte Trump zwar landesweit weniger Wählerstimmen als Hillary Clinton geholt, aber mehr Wahlleute für sich gewonnen.

Zunächst wären Gerichte der Bundesstaaten zuständig

In den Vereinigten Staaten gibt es auf Bundesebene kein Wahlamt, das in Streitfällen als unabhängige Autorität zeitnah das letzte Wort hätte. Stattdessen gibt es in den USA 51 Wahlleiter: Die Bundesstaaten und die Hauptstadt Washington sind jeweils mit eigenen Gesetzen für die Organisation der Wahl verantwortlich. Streitfälle landen meist vor Gericht. Bei möglichen Klagen dürfte Trump vor allem die Verzögerungen bei der Auszählung der Briefwahlstimmen angreifen wollen. Wegen der Corona-Pandemie hatten viele Staaten nur Monate vor der Abstimmung die Regeln für die Briefwahl geändert, entweder Abläufe oder Fristen. Solche Änderungen könnten nun als Vorwand genutzt werden, das Wahlergebnis anzugreifen.
 
Zunächst müsste in den betroffenen Bundesstaaten geklagt werden. Falls der Rechtsweg dort ausgeschöpft wäre, könnte der Streit letztlich in einem Eilverfahren vor dem Obersten Gericht in Washington landen. Dort hat Trump einen Heimvorteil: Sechs der neun Richter gelten als konservativ, drei davon hat der Republikaner selbst nominiert, zuletzt berief Trump die konservative Richterin Amy Coney Barrett. Bei einem knappen Wahlausgang könnte alles an ein oder zwei Bundesstaaten hängen. Wegen des Mehrheitswahlrechts könnten dort letztlich jeweils ein paar Hundert oder Tausend Stimmen entscheidend sein. Ein Rechtsstreit in einem Bundesstaat könnte bei einem knappen Ergebnis daher theoretisch zum Zünglein an der Waage werden.

Auch Kongresswahlen bleiben spannend

Die Demokraten werden bei den Kongresswahlen in den USA nach Prognosen der TV-Sender NBC und Fox News ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verteidigen können. Ihre Hoffnungen, auch die Kontrolle im Senat zu erringen, bekamen aber einen schweren Dämpfer. Mehrere republikanische Senatoren, die als Wackelkandidaten galten, konnten ihre Sitze verteidigen. Jeder Bundesstaat entsendet zwei Senatoren in den Kongress, bisher hielten die Republikaner eine Mehrheit von 53 der 100 Sitze. Stand 9.45 Uhr MEZ konnten die Demokraten einen Sitz aufholen - sie hatten nach Berechnungen der Nachrichtenagentur AP 45 Sitze, die Republikaner 47.

Demnach waren noch die Ergebnisse zu fünf Republikanern und einem Demokraten offen. Über einen Sitz davon - im Bundesstaat Georgia - wird erst Anfang Januar in einer Stichwahl entschieden. Die zwei unabhängigen Kandidaten, die in diesem Jahr nicht zur Wahl standen, werden den Demokraten zugerechnet. Der Senat bestätigt unter anderem die Kandidaten für Regierungsposten oder das Oberste Gericht, was ihn besonders wichtig für einen Präsidenten macht.

aka/dpa/LTO-Redaktion

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Auszählung der Stimmen dauert an: . In: Legal Tribune Online, 04.11.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43313 (abgerufen am: 16.11.2025 )

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