Mehr als 24 Jahre nach der Unterzeichnung hat Kiew das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs ratifiziert – mit einer Einschränkung.
Die Ukraine ist dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) beigetreten, beansprucht aber eine vorübergehende Ausnahme von der Gerichtsbarkeit für sein Militär. Das Parlament in Kiew stimmte mit 281 Abgeordneten dafür, das Römische Statut des IStGH (Rom-Statut) zu ratifizieren, wie der Abgeordnete Jaroslaw Schelesnyak auf Telegram mitteilte. Es gab eine Gegenstimme und 22 Enthaltungen.
Die Ukraine hat das Rom-Statut zwar schon im Januar 2000 unterzeichnet, bisher aber nicht ratifiziert. Das Statut ist die Grundlage des IStGH mit Sitz in Den Haag. Das Gericht befasst sich unter anderem mit Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Vorerst nur eingeschränkte Anerkennung
In dem nun verabschiedeten Dokument ist jedoch festgelegt, dass die Ukraine die Zuständigkeit des IStGH für Kriegsverbrechen sieben Jahre lang nicht anerkennen wird, wenn es um ukrainische Bürger geht. Eine solche Übergangsbestimmung sieht Art. 124 des Rom-Statuts vor. Hintergrund sind Befürchtungen der Armee, dass ihr Vorgehen im Kampf gegen russische Kräfte in einigen Fällen als Kriegsverbrechen angeklagt werden könnte. Der militärische Konflikt läuft nicht erst seit 2022, sondern schon seit 2014 – seit dem ersten Auftauchen russischer Kräfte im Donbass.
Dazu erklärt Kiew, dass die Ersuchen des IStGH um Zusammenarbeit sowohl auf diplomatischem Wege als auch direkt an die Generalstaatsanwaltschaft oder an das Justizministerium gerichtet werden können – auf Ukrainisch.
Weiterhin keine Gerichtsbarkeit für Verbrechen der Aggression
Das Rom-Statut tritt für die Ukraine wegen komplizierter Fristen erst in einigen Wochen in Kraft. Ratifiziert haben es bisher 124 Staaten, bei 139 Unterzeichnungen. Russland und die USA haben zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert.
Der IStGH hat unter anderem einen Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin wegen seiner mutmaßlichen Verantwortung für die Deportation ukrainischer Kinder erlassen, LTO berichtete.
Über das Verbrechen der Aggression, also das Führen eines Angriffskrieges, kann der IStGH im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg allerdings auch nach der Ratifikation keine Gerichtsbarkeit ausüben. Dies ist nach Art. 15bis Abs. 5 des Rom-Statuts ausgeschlossen, wenn der betreffende Staat keine Vertragspartei des Statuts ist und das Verbrechen von Staatsangehörigen des betreffenden Staates oder in dessen Hoheitsgebiet begangen wurde. Deshalb gibt es bereits seit Beginn des Ukraine-Krieges Forderungen nach einem UN-Sondertribunal für den Ukraine-Krieg.
jb/LTO-Redaktion
Mit Material der dpa
Ratifizierung 24 Jahre nach Unterzeichnung: . In: Legal Tribune Online, 21.08.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55247 (abgerufen am: 09.11.2024 )
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