Über zwei Jahre ist Osman Kavala mittlerweile in der Türkei inhaftiert. Im Dezember hatte der EGMR entschieden, dass dafür keine Gründe vorlägen und er sofort frei gelassen werden müsse. Türkische Gerichte lehnen das aber weiter ab.
Ein türkisches Gericht hat die Freilassung des seit mehr als zwei Jahren inhaftierten Intellektuellen Osman Kavala erneut abgelehnt. Es bestehe dringender Tatverdacht und Fluchtgefahr, gaben die Richter am Hochsicherheitsgefängnis Silivri am Dienstag als Begründung an.
Das Gericht stellte sich damit erneut gegen eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der im Dezember die Freilassung Kavalas gefordert hatte. Das Gericht hatte mehrere Menschenrechtsverstöße in der andauernden Haft gesehen.
Diese Entscheidung aus Straßburg sei jedoch noch nicht rechtskräftig, argumentierten die türkischen Richter. Sie hatten bereits kurz nach der EGMR-Forderung im Dezember eine Freilassung Kavalas abgelehnt.
Beim Prozesstag am Dienstag gab es zwischenzeitlich einen Tumult: Alle Anwälte verließen aus Protest den Saal, weil ihrer Forderung, das Richterteam auszutauschen, nicht stattgegeben wurde. Sie warfen dem Gericht Parteilichkeit vor. Kavala setzte seine Verteidigung daraufhin ohne Anwälte fort. Der Prozess wird Mitte Februar fortgesetzt.
Kavala ist Chef des Kulturinstituts Anadolu Kültür, das auch mit deutschen Institutionen wie dem Goethe-Institut zusammenarbeitet. Außerdem ist er im Vorstand mehrerer zivilgesellschaftlicher Organisationen. Er gehört zu insgesamt 16 Angeklagten, denen unter anderem ein Umsturzversuch im Zusammenhang mit den regierungskritischen Gezi-Protesten von 2013 vorgeworfen wird. Die Proteste hatten sich an der Bebauung des Gezi-Parks in Istanbul entzündet. Sie weiteten sich aus zu landesweiten Demonstrationen gegen die autoritäre Politik des damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.
dpa/ast/LTO-Redaktion
Trotz EGMR Urteils: . In: Legal Tribune Online, 28.01.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39945 (abgerufen am: 07.12.2024 )
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