Ein Soldat muss es nicht dulden, dass er auf seine Impftauglichkeit hinsichtlich eines Corona-Impfstoffes untersucht wird. Er wirft dem Dienstherrn vor, so auf Umwegen Informationen über seinen Impfstatus erlangen zu wollen.
Weil die Überprüfung der Impftauglichkeit im sogenannten Bundeswehr-Schlüssel nicht vorgesehen ist, muss diese von einem Soldaten auch nicht geduldet werden, hat das Truppendienstgericht Süd (TDG Süd) mit Beschluss vom 08. Juli 2022 (Az. S4 GL 15/22) entschieden.
Seit November 2021 ist eine Impfung gegen Covid-19 für Soldatinnen und Soldaten verpflichtend. Dies bestätigte auch das BVerwG mit seinem im Juli 2022 gefällten Urteil (Az. BVerwG 1 WB 2.22, BVerwG 1 WB 5.22). Laut der Entscheidung des BVerwG haben die zwei in Leipzig klagenden Luftwaffenoffiziere die Verpflichtung, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen.
Etwas anderes gelte hingegen für die schlichte Überprüfung auf Impftauglichkeit, hat das TDG Süd nun entschieden. Ein Soldat, der einen Bescheid zur Durchführung der "Begutachtung zur Überprüfung der Impftauglichkeit" erhalten hatte, hatte sich nach erfolgloser Wehrbeschwerde im Wege des Einstweiligen Rechtsschutzes an das Truppendienstgericht gewandt.
Begutachtungsanordnung nur, um Impfstatus des Soldaten festzustellen?
Der Mann wollte der Begutachtungsanordnung nicht nachkommen. Zur Begründung führte er aus, dass bereits unklar sei, was "Impftauglichkeit" bedeute und in welchem Umfang diese vorliegen solle. Außerdem diene die Begutachtung nicht vorrangig der Feststellung der Verwendungsfähigkeit, sondern ziele allein drauf ab, ihn disziplinarisch verfolgen zu können, sofern er nicht gegen Covid-19 geimpft sein sollte. Ob er das bis heute ist, darüber machte er dem Vorgesetzten und Dienstherrn bisher keine Angabe.
Anders sah es der zuständige Referatsleiter der Bundeswehr. Er lehnte den Antrag des Soldaten mit der Begründung ab, dass die Begutachtungsanordnung ausschließlich der Durchsetzung des Basisimpfschemas zur Immunisierung der Soldatinnen und Soldaten diene. Nach der Dienstvorschrift sei das unerlässlich für die Bekämpfung von Krankheiten und dem Schutz von Leben und Gesundheit.
Nachdem er mit der Wehrbeschwerde gescheitert war, erhob der betroffene Soldat Klage vor dem TDG Süd. Dieses gab dem Soldaten nun Recht. Zwar stellte es nicht fest, dass die Überprüfung der Impftauglichkeit einzig der Ausforschung der Gesundheitsdaten des Soldaten diene, um ihn daraufhin womöglich wegen "Impfverweigerung" verfolgen zu können. Dennoch nahm es die Rechtswidrigkeit der Begutachtungsanordnung an.
Impftauglichkeit nicht im Bundeswehr-Schlüssel enthalten
Das TDG-Süd hob den Bescheid nun auf. Nach Ansicht des Gerichtes bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Begutachtungsanordnung. Nach § 17a Abs. 2 Nr. 2 Soldatengesetz (SG) dürften ärztliche Maßnahmen ausschließlich dann angeordnet werden, wenn diese der Feststellung der Verwendungsfähigkeit dienen, so das TDG-Süd.
Der sog. Bundeswehr-Schlüssel zur Verwendungsfähigkeit sehe exakt 36 Schlüsselungsbegriffe vor, eine Untersuchung auf Impftauglichkeit sei in diesem Katalog dagegen nicht enthalten. Da die Begutachtung der Impftauglichkeit nicht zur Feststellung der Verwendungsfähigkeit vorgesehen sei, müsse der Soldat die Begutachtung auch nicht dulden. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Begutachtung der Impftauglichkeit und der Verwendungsfähigkeit sei somit nicht ersichtlich.
Darüber hinaus sei die Begutachtungsanordnung auch unverhältnismäßig. Da es sich bei der Begutachtung lediglich um eine Momentaufnahme handle, sei diese schon nicht geeignet, das Informationsinteresse des Disziplinarvorgesetzten dauerhaft und verbindlich zu decken. Eine Abfrage des derzeitigen Standes einer Impfung gegen Covid-19 sei durch die bloße Feststellung der Impftauglichkeit gerade nicht zu erreichen.
ku/LTO-Redaktion
Truppendienstgericht Süd: . In: Legal Tribune Online, 05.08.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49245 (abgerufen am: 05.12.2024 )
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