Nachdem sein Vorschlag zur Bild- und Tonaufzeichnung im Strafprozess scharf kritisiert wurde, konnte Marco Buschmann den DRB auch im zweiten Anlauf nicht zufriedenstellen. Gravierende Probleme blieben weiterhin ungelöst, so der Richterbund.
Mit seinem Kompromissvorschlag zur Aufzeichnung der Hauptverhandlung im Strafverfahren konnte Bundesjustizminister Marco Buschmann den Deutschen Richterbund (DRB) nicht überzeugen. "Zwar sollen Videobilder nach den neuesten Plänen immerhin nicht mehr verpflichtend sein, dennoch bleiben gravierende Probleme ungelöst", sagte der DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn der dpa. Denn auch bei Tonaufnahmen bestehe die Gefahr, dass Mitschnitte den Weg in die Öffentlichkeit finden, Opfer dadurch bloßgestellt und Zeugen – etwa in heiklen Staatsschutzverfahren – gefährdet würden.
Buschmanns ursprünglicher Vorschlag war scharf kritisiert worden. Auf dem Deutschen Richter- und Staatsanwalttag Ende März in Weimar kassierte der Bundesjustizminister dafür sogar Buh-Rufe. Anfang April hatte Buschmann daher einen neuen Referentenentwurf für die Verpflichtung zur Aufzeichnung der Hauptverhandlung im Strafverfahren zur Abstimmung an die anderen Ressorts der Bundesregierung geschickt. Nach diesem ist die ursprünglich vorgesehene Videoaufzeichnung nun nicht mehr zwingend. Außerdem sollen die Justizbehörden der Länder mehr Zeit als ursprünglich geplant bekommen, um die Technik für Tonaufzeichnung und Transkription zu beschaffen.
Der erste Entwurf für ein "Gesetz zur digitalen Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung" vom November sah noch vor, die Hauptverhandlung künftig in Bild und Ton aufzuzeichnen und die Tonaufzeichnung mittels Transkriptionssoftware in ein Textdokument umzuwandeln.
DRB: "Kein erkennbarer Nutzen für die Wahrheitsfindung"
Am Kern dieses Vorhabens hält der FDP-Politiker aber fest. Dass sich Verfahrensbeteiligte bislang nach einem mitunter monatelangen Prozess alleine auf ihre Notizen und ihr Gedächtnis verlassen müssten, sei nicht zeitgemäß, betonte Buschmann. Eine gute Idee, findet LTO-Redakteurin Annelie Kaufmann.
Der DRB befürchtet jedoch, dass das Vorhaben auch in der neuen Fassung zu längeren Verfahren führen könnte, "sofern die Gerichte sich künftig auf Grundlage der Aufzeichnungen im Verfahren mit einer Art "Beweisaufnahme über die Beweisaufnahme" befassen müssten." Würde der Entwurf in seiner aktuellen Form umgesetzt, käme im Ergebnis zudem ein erheblicher technischer und personeller Mehraufwand auf die Gerichte zu, dem kein erkennbarer Nutzen für die Wahrheitsfindung gegenüberstehe, sagte Rebehn. Bund und Länder sollten sich in den kommenden Jahren besser auf den flächendeckenden Umstieg auf die elektronische Akte sowie den reibungslosen digitalen Informationsaustausch der Justiz mit Behörden, Anwälten und Bürgern konzentrieren.
dpa/lmb/LTO-Redaktion
Ton- und Videoaufzeichnung im Strafprozess: . In: Legal Tribune Online, 19.04.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51577 (abgerufen am: 12.12.2024 )
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