Thüringer OVG: Verdeckte Beschattung von Sozialhilfeempfängerin rechtswidrig

von eso/LTO-Redaktion

26.11.2010

Der Einsatz eines Sozialdetektivs verletzt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und ist nach einer Entscheidung des Thüringer OVG grundsätzlich unzulässig.

Der dritte Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts in Weimar hat mit Urteil vom Donnerstag die verdeckte Beschattung einer Sozialhilfeempfängerin für rechtswidrig erklärt.

Hintergrund war ein Streit mit der Stadt Eisenach um die Übernahme der Kindergartengebühr. Wegen des Verdachts einer nicht angegebenen eheähnlichen Lebensgemeinschaft mit dem Kindesvater kontrollierte und protokollierte ein Außendienstmitarbeiter der Stadt als "Sozialdetektiv" über einen Zeitraum von mehreren Monaten in bestimmten Abständen durch Observierungen und Befragungen von Mitbewohnern die Kontakte zwischen dem Kindesvater und der Klägerin.

Das Gericht führte in seiner mündlichen Urteilsbegründung aus, dass diese verdeckten Ermittlungen mit dem Recht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung unvereinbar seien, da sie von keiner gesetzlichen Grundlage gedeckt waren. Nach der einschlägigen Regelung der Datenerhebung in § 62 Abs. 3 SGB VIII dürften Sozialdaten nur unter ganz eingeschränkten Voraussetzungen ohne Mitwirkung des Betroffenen erhoben werden, die hier aber nicht erfüllt seien. Insbesondere sei nicht erkennbar, dass eine eingehende Befragung der Klägerin unmöglich gewesen wäre (BSG, Urt. v. 25.11.2010, Az. 1 KO 527/08).

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Senat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen. Dagegen kann noch eine so genannte Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt werden.

 

Zitiervorschlag

eso/LTO-Redaktion, Thüringer OVG: Verdeckte Beschattung von Sozialhilfeempfängerin rechtswidrig . In: Legal Tribune Online, 26.11.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2027/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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