Um Aufmärsche von rechten Gruppierungen an historisch sensiblen Tagen zu verhindern, will die Landesregierung in Thüringen ein eigenes Versammlungsgesetz auf den Weg bringen.
Der 9. November spielt in der deutschen Geschichte in mehrfacher Hinsicht eine besondere Rolle. Zum einen ist es das Datum des Mauerfalls im Jahr 1989, zum anderen ereigneten sich in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 die Gewaltverbrechen der Nationalsozialisten gegen jüdische Mitbürger, welche als Novemberpogrome bekannt sind.
Um Aufmärsche rechter Gruppen an historisch vorbelasteten Daten wie diesem künftig verhindern zu können, will die rot-rot-grüne Landesregierung von Thüringen nun ein eigenes Versammlungsgesetz erlassen. Einen entsprechenden Entwurf billigte das Kabinett am Dienstag. Grund dafür sind auch Ereignisse in diesem Jahr.
Als bekannt wurde, dass zum diesjährigen Jahrestag der Pogrome das Bündnis Thügida, thüringischer Ableger des unter dem Namen Pegida bekannt gewordenen Zusammenschlusses von rechten und konservativen Bürgern, in Jena einen Aufmarsch plante, versuchte die Stadt, dies zu verhindern. Per Auflage wollte man die Demonstration auf den 8. November vorverlegen, wogegen sich die Veranstalter aber gerichtlich wehrten. Letztendlich obsiegten sie vor dem Oberverwaltungsgericht in Weimar.
Innenminister warnt vor zu großen Erwartungen
Es gebe keine Hinweise auf eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, begründeten die Richter im November ihre Entscheidung. Die betreffende Auflage sei demnach eine unzulässige Beschränkung des Versammlungsrechts, eine Grundlage dafür im Versammlungsgesetz (VersG) des Bundes sah man nicht. Die Veranstalter hatten sich für das Datum des Aufzugs unter dem Motto "Durch Einigkeit zu Recht und Freiheit: Für eine echte politische Wende!" auf den Mauerfall berufen.
Nun soll ein eigenes Landesversammlungsgesetz nach dem Willen der Landesregierung die Grundlage für ein künftiges Verbot derartiger Demonstrationen werden. Die neuen Regelungen sollten vor allem Rechtssicherheit für die Versammlungsbehörden schaffen, aber auch eine politische Botschaft senden, erklärte dazu Innenminister Holger Poppenhäger (SPD).
Gleichzeitig warnte er aber auch vor überzogenen Erwartungen an das geplante Gesetz. Dieses könne nur einer von vielen Bausteinen zur Verteidigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung sein. Der Entwurf orientiere sich an den Gesetzen anderer Bundesländer, speziell dem bayerischen.
Seit der Föderalismusreform im Jahr 2006, im Zuge derer die Gesetzgebungskompetenz für das Versammlungsrecht vom Bund auf die Länder übergegangen war, ist es den Ländern möglich, eigene Versammlungsgesetze zu erlassen. In Thüringen gilt bis dato das Bundesgesetz.
mam/LTO-Redaktion/dpa
Eigenes Versammlungsgesetz in Planung: . In: Legal Tribune Online, 21.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21537 (abgerufen am: 06.12.2024 )
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