Der Rechtsstreit zwischen Ex-BGH-Richter Thomas Fischer und der Journalistin Gaby Mayr ist außergerichtlich beigelegt worden. Friede herrscht zwischen den beiden indes nicht: Fischer warf Mayr den Bruch des Vergleichs vor.
Der ehemalige Bundesrichter Thomas Fischer und die Journalistin Gaby Mayr haben ihren Rechtsstreit außergerichtlich beigelegt. "Gaby Mayr akzeptiert die drei von dem Landgericht Karlsruhe ausgesprochenen Äußerungsverbote, Thomas Fischer akzeptiert die landgerichtliche Abweisung des von ihm begehrten weiteren Äußerungsverbots. Darüber hinaus haben die Parteien Stillschweigen über den weiteren Inhalt des Vergleichs vereinbart", hieß es am Montag in einer Mitteilung der Journalistin.
Eine wirkliche Einigung haben die Parteien aber augenscheinlich nicht erzielt. Nur wenige Stunden nachdem Mayr ihre Pressemitteilung versendete, warf Fischer ihr den Bruch des soeben geschlossenen Vergleichs vor. Aber der Reihe nach.
Mary stellte im Frühjahr 2018 ein zwei Beiträgen im Deutschlandfunk und der taz die These auf, dass der Kommentar von Thomas Fischer zum Strafgesetzbuch (StGB) mitverantwortlich für die Verurteilungen von Ärzten wegen "Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft" nach § 219a StGB sei. So hätten Gerichte einen Satz aus dem Kommentar abgeschrieben und für die Urteilsbegründung verwendet: § 219a solle verhindern, "dass die Abtreibung in der Öffentlichkeit als etwas Normales dargestellt und kommerzialisiert wird".
Fischer siegt in drei von vier Klagepunkten
Laut Mayr habe dies so auch schon Fischers Vorgänger Herbert Tröndle formuliert. Die Kommentierung des fanatischen "Lebensschützers", der gegen jede Liberalisierung der Rechtslage gekämpft habe, lebe bei Fischer fort, so Mayr. Fischer reagierte mit einem Beitrag auf der Webseite Meedia, in dem er klarstellte, dass das Zitat lediglich die Begründung des Gesetzgebers aus dem Jahr 1974 wiedergab. Im Kommentar sei die Quelle auch angegeben worden.
Mayr antworte in einem ebenfalls auf Meedia erschienenen Beitrag später und warf Fischer vor, die Gesetzesbegründung selektiv zitiert zu haben. Er habe den wichtigen Satz "Andererseits muß die Unterrichtung der Öffentlichkeit (durch Behörden, Ärzte, Beraterstellen) darüber, wo zulässige Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, möglich sein" weggelassen, so Mayr. Dies stelle laut der Journalistin eine "grobe handwerkliche Schlamperei" dar.
Nach einer erfolglosen Abmahnung verklagte Fischer die Journalistin beim Landgericht (LG) Karlsruhe auf Unterlassung, Widerruf und Schadensersatz. Das Gericht gab dem ehemaligen Bundesrichter in drei von vier Klagepunkten Recht und entschied, dass Mayr künftig die Äußerungen
- "Die Kommentierung von Herbert Tröndle zum Schwangerschaftsabbruch lebt im Kommentarwerk des Klägers weiter."
- "Der Einsatz des Strafrechtskommentars der beiden Juristen Herbert Tröndle und Thomas Fischer durch Staatsanwaltschaften und Gerichte im Zusammenhang mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch ist schlecht für die Rechtsprechung."
- "An der Kommentierung zum Paragrafen 219a StGB hat der Kläger auch in der 65. Aufl. von 2018 nichts verändert, außer der Rechtschreibung."
unterlassen muss. Allerdings dürfe Mayr weiter behaupten Fischers Kommentar zu § 219a beruhe auf "grober handwerklicher Schlamperei".
Mayr nimmt Änderungen an Aussagen vor
Am Montag teilte Mayr dann mit, dass der Rechtsstreit außergerichtlich beigelegt worden sei. Die Mitteilung enthielt daneben allerdings noch weitere Anmerkungen. So hätte die Berichterstattung über den Prozess laut Mitteilung Mayrs "überwiegend den Eindruck erweckt, dass Herr Fischer überwiegend gewonnen habe". Sie sei aber angesichts der tatsächlichen Folgen des Vergleichs sehr zufrieden.
Es seien nur geringfügige Ergänzungen an den Online-Veröffentlichungen ihrer Beiträge nötig, so Mayr weiter. Unter anderem hieß es in ihrer Mitteilung: "Meine Kernaussage ("grobe handwerkliche Schlamperei" durch Herrn Fischer bzgl. §219a, aus meiner Replik in Meedia) darf ich uneingeschränkt weiter verbreiten."
Mayr präsentierte darüber hinaus die "geringfügigen Änderungen" (in Kursiv):
- Herbert Tröndle starb 2017 im Alter von 98 Jahren - Die wichtige Randnummer 1 in seiner Kommentierung zu Paragraph 219a lebt weiter.
- Dass der Strafrechtskommentar dieser beiden Juristen auch im Zusammenhang mit dem Thema "Werbeverbot" nach Paragraph 219a von Staatsanwaltschaften und Gerichten besonders gerne benutzt wird, ist schlecht für die Rechtsprechung.
- An der Kommentierung zum Paragraphen 219a hat der misogyne Ex-Richter an der für Gerichte offenbar entscheidenen Stelle, nämlich gleich zu Beginn (Randziffer 1) des Kommentartextes, nichts geändert außer der Rechtschreibung.
Fischer: "Bruch des soeben geschlossenen Vergleichs"
Es dauerte nur wenige Stunden, bis Fischer eine eigene Pressemitteilung versendete. Laut Fischer habe Mayr den Inhalt des Vergleichs zutreffend wiedergegeben, der Rest ihrer Mitteilung sei aber "befremdlich". Er stelle "ersichtlich einen Bruch des soeben geschlossenen Vergleichs dar und lässt erwarten, dass die Beklagte zukünftig erneut in gleicher oder ähnlicher Weise vorgehen wird", erklärte der Jurist.
So sah sich Fischer dazu veranlasst, selbst auf den Inhalt des landgerichtlichen Urteils einzugehen. Sein Antrag, Mayr die Wiederholung zu untersagen, die Kommentierung des § 219a StGB enthalte eine "grobe handwerkliche Schlamperei" sei vom Gericht mit der Begründung abgewiesen worden, Mayr "sei in einem solchen Maß im Irrtum über die Anforderungen des 'Handwerks' in dieser Sache sowie darüber, dass die Kommentierung des Klägers der ganz allgemeinen Ansicht entspricht, dass zu ihren Gunsten anzunehmen sei, sie habe keine Tatsache behaupten, sondern nur einer auf Unverstand beruhenden allgemeinen Unzufriedenheit Ausdruck geben wollen."
Das LG habe die Behauptung der Journalistin laut Mitteilung Fischers "in überaus wohlwollender Auslegung als eine Art grob unverständiger Versuch oder Wahndelikt behandelt". Die von Mayr "ausdrücklich mit Freude vorgetragene Bekundung, die vom Gericht als völlig fernliegend beschriebene Behauptung 'uneingeschränkt weiter verbreiten' zu dürfen", sowie die Wiederholung "abwegiger Beleidigungen und vom Landgericht ausdrücklich als falsch bezeichneter Behauptungen" spreche laut Fischer "für sich selbst".
Ob der Vergleich somit wirklich das Ende des Rechtsstreits darstellt, bleibt abzuwarten. Einigkeit brachte er aber offensichtlich nicht.
acr/LTO-Redaktion
Ex-BGH-Richter gegen Journalistin: . In: Legal Tribune Online, 06.11.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38563 (abgerufen am: 08.10.2024 )
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