Staatsanwaltschaft zu Strobl-Affäre: Ermitt­lungen wegen Geheim­nis­ver­rats nicht mög­lich

10.05.2022

Im Zuge der "Affäre" in Baden-Württemberg rund um Innenminister Strobl stellte nun die Staatsanwaltschaft klar, dass sie nicht wegen der Verletzung von Dienstgeheimnissen ermittelt. Dazu müsste der Minister selbst die Ermächtigung erteilen.

Die Affäre um die Weitergabe eines Anwaltsschreibens an die Presse durch Innenminister Thomas Strobl belastet auch die grün-schwarze Landesregierung. An diesem Dienstag dürfte sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in der Regierungs-Pressekonferenz erstmals zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Strobl äußern. Die Opposition fordert die Entlassung des Innenministers.

Die Anklagebehörde hatte mitgeteilt, sie ermittele gegen einen Journalisten und den Minister. Der Reporter wird verdächtigt, aus amtlichen Dokumenten eines laufenden Verfahrens zitiert zu haben. Strobl wiederum soll ihn dazu angestiftet haben. Im Zentrum der Affäre stehen eigentlich Ermittlungen gegen einen führenden Polizisten wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung. Strobl hatte am Mittwoch eingeräumt, im Dezember einem Journalisten ein Schreiben des Anwalts des Polizisten weitergegeben zu haben.

Kein Dienstgeheimnis, keine Ermittlungen?

Inzwischen stellte die Staatsanwaltschaft klar, dass sie nicht wegen der Verletzung von Dienstgeheimnissen ermitteln wird. Grundsätzlich müsste der Minister selbst die Ermächtigung erteilen, wie LTO bereits berichtete. Die Opposition aus SPD und FDP hatte das Staatsministerium aufgefordert, anstelle des Innenministeriums die Anklagebehörde für solche Ermittlungen zu ermächtigen. Nach dem Gesetz ist das aber nicht möglich.

Das Innenministerium argumentiert, es handele sich bei dem Schreiben des Anwalts nicht um ein amtliches Schreiben und auch nicht um ein Dienstgeheimnis, deswegen habe man die Ermächtigung für Ermittlungen nicht erteilt. In dem Schreiben hatte der Anwalt des suspendierten Beamten dem Ministerium ein persönliches Gespräch angeboten, das für beide Seiten besser sei als ein juristisches Verfahren. Strobl erklärte nun, dies sei ein "vergiftetes Angebot" gewesen. Er habe für "maximale Transparenz" sorgen und verhindern wollen, dass die andere Seite das Schreiben lanciert.

Neue Erkenntnisse in Ermittlungen

Nachdem Strobl am vergangenen Mittwoch im Innenausschuss und in einer anschließenden Pressekonferenz eingeräumt hatte, das Anwaltsschreiben einem Journalisten übermittelt zu haben, teilte die Anklagebehörde kurz danach mit, nun wegen Verdachts verbotener Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen (§ 353d Abs. 1 Nr. 3 StGB) zu ermitteln - und das, obwohl der Zeitungsartikel bereits Ende Dezember erschienen war. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft erklärte nun, durch die Aussagen des Ministers am Mittwoch hätten "sich Gesichtspunkte ergeben, die Anlass zu einer erneuten Prüfung des Sachverhalts (...) gaben" - nun aber mit einem neuen Verdacht. Ob Anwaltsschriftsätze aber überhaupt "amtliche Dokumente" im Sinne der Norm sind, ist umstritten. Von der Mehrzahl wird das verneint, wie auch Strafverteidiger Dr. Yves Georg bei LTO bereits vertrat und darlegte.

Die Anklagebehörde bestätigte zudem die Angaben des Ministeriums vom Sonntag, dass man mittlerweile auch gegen einen Mitarbeiter des Innenministeriums ermittele, "der auf Veranlassung des Herrn Innenministers das Anwaltsschreiben an den Journalisten übersandt haben soll". Es gehe hier um den Verdacht der Beihilfe zur verbotenen Mitteilung über Gerichtsverhandlungen.

"Wer kann dem Dienstherrn Strobl noch trauen?"

Am Dienstagmorgen will das Landtagspräsidium darüber beraten, ob die FDP-Fraktion eine aktuelle Debatte mit dem Titel "Verrat von oben - wer kann dem Dienstherrn Strobl noch trauen?" beantragen darf. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hatte dies mit dem Argument abgelehnt, es sei jahrzehntelange Parlamentspraxis, dass bei solchen Debatten-Titeln "schwere persönliche Vorwürfe unzulässig sind". Die FDP soll den Titel nun anders formulieren. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke kritisierte die Ablehnung durch die Parlamentschefin. "Das ist der offensichtliche Versuch der Regierungskoalition, die Aufklärung der Verfehlungen von Herrn Strobl zu behindern und Strobls Straftaten schönzureden."

dpa/cp/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Staatsanwaltschaft zu Strobl-Affäre: Ermittlungen wegen Geheimnisverrats nicht möglich . In: Legal Tribune Online, 10.05.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48392/ (abgerufen am: 18.03.2024 )

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