Strengere Gesetze nach turbulenter Silvesternacht?: Faeser wirbt für schär­feren Kurs gegen Pyro­technik

03.01.2025

Illegale Feuerwerkskörper - fertig gekauft oder selbst zusammengebastelt - richteten an Silvester massive Schäden an. Doch ob es Konsequenzen gibt, ist ungewiss. Genauso, ob Gewalt gegen Rettungskräfte künftig härter bestraft wird.

Nach den heftigen Explosionen mit illegalem Feuerwerk an Silvester setzt Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) weiter auf einzelne schärfere Regeln und Böllerverbotszonen. Ein allgemeines Böllerverbot wäre aus Sicht Faesers dagegen nicht verhältnismäßig, sagte ein Sprecher in Berlin.

Derzeit liefen Gespräche mit anderen politischen Kräften darüber, ob ein bereits vorgelegter Vorschlag Faesers noch eine Mehrheit findet, sagte der Sprecher. Bereits am Vortag hatte Faeser darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung im Oktober Verschärfungen des Sprengstoffrechts auf den Weg gebracht hatte.

Faeser-Sprecher gibt keine Prognose ab

Der Sprecher wollte keine Prognose abgeben, ob das Gesetzesvorhaben Faesers vor der vorgezogenen Bundestagswahl noch realisiert werden kann. Nach dem Herauswurf der FDP aus der Regierungskoalition durch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verfügen die Regierungsparteien SPD und Grüne nicht mehr über eine Mehrheit. 

Faeser sagte der Deutschen Presse-Agentur über die Gesetzespläne: "Damit verschärfen wir das Vorgehen gegen den unerlaubten Umgang mit Explosivstoffen und gefährlicher Pyrotechnik." Zum Jahreswechsel waren viele Menschen durch oft illegales oder selbst zusammengebasteltes Feuerwerk teils schwer verletzt worden. Es gab schwere Schäden und Todesfälle. 

Unterdessen forderten mehrere Politiker strengere Gesetze bis hin zu einem allgemeinen Böllerverbot. Hunderttausende Menschen unterzeichneten bis Freitag eine Petition für ein bundesweites Böllerverbot. Gestartet worden war sie von der Gewerkschaft der Polizei (GdP).

Nach der teils aus dem Ruder gelaufenen Böllerei zum Jahreswechsel in der Hauptstadt forderte Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner den Bund auf, Konsequenzen zu ziehen. "Um die Gewaltexzesse in der Silvesternacht einzuschränken, sollte das Waffenrecht endlich verschärft werden", sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. "Innenministerin Faeser hat dies schon vor langer Zeit angekündigt, doch bis heute hat sie es nicht umgesetzt." Für Schreckschuss-, Reizgas- oder Signalwaffen sollte nach Meinung Wegners künftig der kleine Waffenschein inklusive Sachkundenachweis verlangt werden.

Forderung nach mehr Grenzkontrollen

"Die Einfuhr sogenannter Kugelbomben, die in Deutschland bekanntlich schon verboten sind, ist nur mit schärferen Grenzkontrollen zu verhindern", führte Wegner weiter aus. "Auch hier sind Bundesregierung und Bundespolizei gefordert."

Ein Böllerverbot hingegen lehnte Berlins Regierungschef ab. "Die allermeisten Berlinerinnen und Berliner haben den Jahreswechsel friedlich gefeiert. Warum sollten wir ihnen und ihren Familien eine fröhliche Silvesternacht mit traditionellem Feuerwerk versagen?" Der ehemalige Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) pflichtete Wegner bei: "Privates Feuerwerk gänzlich zu verbieten, halte ich für unangemessen. Das wäre Kollektivhaftung", sagte der FDP-Generalsekretär dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Laut Buschmann muss man die Silvesterknallerei nicht mögen. "Aber einmal im Jahr sollte man den Menschen den Freiraum lassen, dieses Brauchtum zu pflegen."

Kugelbomben sorgen für viele Schäden

An Silvester und Neujahr waren in Berlin zahlreiche Menschen unter anderem durch illegale Böller teils schwer verletzt worden. Fachleute beobachteten, dass vermehrt sogenannte Kugelbomben detonierten, die wegen ihrer hohen Explosionskraft hierzulande eigentlich nicht für den Allgemeingebrauch zugelassen sind. Im Stadtteil Schöneberg wurden dabei Häuserfassaden und Autos schwer beschädigt, viele Fensterscheiben gingen zu Bruch. 36 Wohnungen sind vorerst unbewohnbar. Oft verwenden Krawallmacher bei der Böllerei auch Schreckschusswaffen.

"Die Berliner Polizei und die Justiz gehen mit aller Konsequenz gegen mutmaßliche Straftäter der Silvesternacht vor", sagte Wegner. "Das Einsatzkonzept von Polizei und Feuerwehr hat sich wie in der vergangenen Silvesternacht ein weiteres Mal bewährt, auch wenn Gewalttäter leider wieder Polizei- und Rettungskräfte angegriffen und teils schwer verletzt haben."

Ebenfalls diskutiert wird in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Strafen ausreichen, die das Strafgesetzbuch für Angriffe auf Rettungskräfte androht. Bundesjustizminister Volker Wissing sagte, die Täter verdienten eine harte Strafe. "Wenn Polizistinnen und Polizisten attackiert werden, die ihren Dienst tun, ist das besonders empörend. Auch Angriffe auf Rettungskräfte und Feuerwehrleute sind schweres Unrecht. Deshalb sieht unser Strafgesetzbuch dafür besonders empfindliche Strafen vor. Wichtig ist, dass diese Strafvorschriften konsequent zur Anwendung gebracht werden. Die Täter müssen die Härte des Gesetzes schnell zu spüren bekommen. Das muss jetzt Priorität haben."

Gesetzentwurf sieht vor, Angriffe gegen Polizisten härter zu bestrafen    

Wissing aber auch Faeser verwiesen auf einen Gesetzentwurf, den die Bundesregierung im September auf den Weg gebracht hat und der eine strengere Bestrafung von Angriffen auf Polizisten, Rettungskräfte und Feuerwehrleute vorsieht. Der Bundestag sollte diesen noch vor der Wahl beschließen, so Wissing.

Der vom Bundeskabinett am 4. September 2024 beschlossene Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften sowie von dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten – war dem Bundesrat und dem Deutschen Bundestag zur parlamentarischen Beratung zugeleitet worden. Dort harrt er seit Monaten einer finalen Beschlussfassung.  

Konkret sieht der Entwurf vor, dass tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte künftig immer als ein besonders schwerer Fall geahndet werden, wenn es zu einem hinterlistigen Überfall kommt. Laut Bundesregierung liegt ein solcher Fall etwa vor, wenn Einsatzkräfte in einen Hinterhalt gelockt und dort angegriffen werden. "Die Änderung kommt insbesondere Polizistinnen und Polizisten, aber auch Hilfeleistenden der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes, eines Rettungsdienstes sowie Ärztinnen und Ärzten eines Notdienstes oder in einer Notaufnahme zugute", erläutert die Bundesregierung auf ihrer Internetseite. Geplant ist die Änderung konkret in § 113 Strafgesetzbuch (StGB), auf den im Falle eines Angriffs auf Polizisten § 115 StGB verweist. Den Tätern würde laut Entwurf dann eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren drohen.  

 

 

dpa/hs/mh/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Strengere Gesetze nach turbulenter Silvesternacht?: . In: Legal Tribune Online, 03.01.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56256 (abgerufen am: 15.01.2025 )

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