Die Reformen von Strafrecht und Strafprozessrecht hatte das FDP-geführte Bundesjustizministerium nicht durch die Ressortabstimmung bekommen. Nun bringt die Fraktion von Ex-Minister Marco Buschmann das Projekt aber noch in den Bundestag.
Auf den letzten Drücker schickt die FDP-Fraktion noch die Reformen des Strafgesetzbuchs (StGB) und der Strafprozessordnung (StPO) in den Bundestag. Einen entsprechenden Antrag hat die Fraktion nach LTO-Informationen am Dienstag beschlossen.
Es geht zum einen um einen 70-seitigen Vorschlag zur Modernisierung des StGB. Dort stehen folgende Änderungen im Zentrum: Das Fahren ohne Fahrausweis ("Schwarzfahren") soll nicht mehr strafrechtlich nach § 265a StGB verfolgt werden, sondern künftig nur noch als Ordnungswidrigkeit (OWi) verboten sein. Der § 142 StGB sanktioniert bislang, wer sich unerlaubt, also entgegen den bestehenden Warte- und Auskunftspflichten, von einem Unfallort entfernt. Für Unfälle mit bloßen Sachschäden sollen fortan bürgerfreundlichere Optionen zur Meldung eines Unfalls geschaffen werden. Dazu werden in einem neu formulierten § 143 StGB diverse alternative Meldemöglichkeiten geschaffen.
Die Tötungsdelikte in §§ 211 ff. StGB sollen von NS-Vokabular und der Tätertypenlehre befreit und sprachlich neu gefasst werden. Der Entwurf ist identisch mit einem Referentenentwurf aus dem BMJ, der aber nie in der Ressortrunde zwischen den anderen Ministerien, allen voran dem Bundesinnenministerium, abgestimmt werden konnte. So ist die Reform bisher nie über den Status als Referentenentwurf hinausgekommen.
Keine guten Aussichten nach Ampel-Aus
Zum anderen geht es um einen rund 55-seitigen Vorschlag zur Reform der Strafprozessordnung. Der will ein Zeugnisverweigerungsrecht für zusammenlebende Paare, den Einsatz englischsprachiger Dokumente ohne Übersetzung und einen Pflichtverteidiger ohne Antrag "ab der ersten Stunde" einführen. Auch dieses Vorhaben ist identisch mit einem BMJ-Entwurf, der es bisher über den Status als Referentenentwurf nicht hinausgeschafft hat.
Die ehemalige Regierung aus SPD, Grünen und FDP hatte sich die Reformen eigentlich in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, der nach dem Ampel-Aus aber eher als historisches Dokument bezeichnet werden kann. Darin heißt es: "Wir überprüfen das Strafrecht systematisch auf Handhabbarkeit, Berechtigung und Wertungswidersprüche und legen einen Fokus auf historisch überholte Straftatbestände, die Modernisierung des Strafrechts und die schnelle Entlastung der Justiz."
Nun sollen die Vorhaben nach dem Willen der FDP-Fraktion auf dem direkten Weg ins Parlament. Im Bundestag sollen die Anträge ohne Aussprache am Donnerstag direkt in den Rechtsausschuss überwiesen werden. Allerdings ist dort kaum zu erwarten, dass die übrigen Fraktionen den Reformen noch zum schnellen Durchbruch verhelfen. Andererseits bleiben sie vielleicht eine freundliche Erinnerung an den ohnehin anstehenden Modernisierungsbedarf im Strafrecht.
Fahrerflucht und Pflichtverteidiger: . In: Legal Tribune Online, 17.12.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56134 (abgerufen am: 12.02.2025 )
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