Nur kriminell oder auch terroristisch? Darum geht es bei der Gruppierung 'Knockout 51'. Entscheiden soll nun doch das Oberlandesgericht in Jena und nicht eine Staatsschutzkammer des Landgerichts, so der BGH.
Das Verfahren vor dem Thüringer Oberlandesgericht (OLG) in Jena gegen die Neonazi-Gruppierung "Knockout 51" findet nun doch auch mit dem Vorwurf der terroristischen und nicht nur dem der kriminellen Vereinigung statt. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) auf eine sofortige Beschwerde des Generalbundesanwalts (GBA) hin entschieden (Beschl. v. 06.02.2025, Az. StB 75/24, StB 76/24 und StB 77/24).
Im September 2024 hatte der GBA beim OLG in Jena Anklage gegen drei Deutsche erhoben. Einem wird vorgeworfen, die Neonazi-Vereinigung mitgegründet und als Rädelsführer agiert zu haben. Mitgliedschaft und Teilnahme an Kampf- und Schießtrainings werden auch einem weiteren Mann vorgeworfen. Der dritte Mann ist ein bekannter Neonazi, ein Führungsmitglied der früher als NPD bekannten Kleinstpartei "Die Heimat". Er soll "Knockout 51" unter anderem in einem bekannten Eisenacher Szenetreff einen Raum als Waffenlager und einen Computer zur Verfügung gestellt haben.
Anders als die Anklage vorsah, eröffnete das OLG Jena das strafrechtliche Hauptverfahren zunächst nur vor einer Staatsschutzkammer des Landgerichts. Denn es sei jeweils nur ein hinreichender Tatverdacht der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung bzw. der Unterstützung einer solchen, nicht aber in Bezug auf eine terroristische Vereinigung begründet (§ 129 statt § 129a Strafgesetzbuch (StGB)), meinte das OLG.
Zuständigkeit der Bundesjustiz doppelt begründet
Dagegen legte der GBA die sofortige Beschwerde ein, um das Verfahren doch zum OLG zu bringen. Mit Erfolg – der BGH eröffnete das Verfahren nunmehr vor einem anderen Strafsenat des Thüringer OLG, wo jetzt die Hauptverhandlung stattfinden wird.
Der für Staatsschutzstrafsachen zuständige 3. Strafsenat des BGH sah die Zuständigkeit des OLG zum einen deshalb eröffnet, weil das Ermittlungsergebnis bei vorläufiger Bewertung einen hinreichenden Tatverdacht auch in Bezug auf eine terroristische Vereinigung (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB) ergebe.
Über diese originäre Zuständigkeit gemäß § 120 Abs. 1 Nr. 6 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) hinaus führe auch die besondere Bedeutung des Falles zur Zuständigkeit der Bundesjustiz gemäß § 120 Abs. 2 S. 1 GVG in Verbindung mit Art. 96 Abs. 5 Nr. 5 Grundgesetz (GG). "Bei der dafür maßgeblichen Gesamtbetrachtung der bisherigen Erkenntnisse ist von Belang, dass die in Rede stehende Gruppierung etwa durch willkürliche Gewalttaten gegen missliebige Personen ‘Ordnungsmacht’ in einem bestimmten Stadtgebiet sein wollte, überregional mit rechtsradikalen Kräften vernetzt war und Aktivitäten in sieben Bundesländern entfaltete", so der BGH. Auch die "zunehmende Bewaffnung und die begonnene Herstellung halbautomatischer Schusswaffen" sei zu berücksichtigen gewesen.
Es sei im Rahmen der anstehenden Hauptverhandlung der Nachweis wahrscheinlich, so der BGH, dass sich "Knockout 51" von einer kriminellen zu einer terroristischen gewandelt habe, ihre Zwecke oder Tätigkeit mithin schließlich darauf gerichtet waren, Mord oder Totschlag zu begehen (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB).
Anfang Juli 2024 hatte das Thüringer OLG in Jena bereits vier mutmaßliche Mitglieder von "Knockout 51" zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Der GBA erklärte kurz darauf, man habe beim BGH gegen das Urteil Revision eingelegt. Eine Entscheidung steht insoweit noch aus.
jb/LTO-Redaktion
Beschwerde des GBA beim BGH erfolgreich: . In: Legal Tribune Online, 06.03.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56738 (abgerufen am: 29.04.2025 )
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