Wegen Recherchen zu den Cum-Ex-Deals: Staats­an­walt­schaft ermit­telt gegen Jour­na­listen

11.12.2018

Hat ein Journalist bei seinen Recherchen zum Verrat von Geschäftsgeheimnissen angestiftet? Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat ein Ermittlungsverfahren aus der Schweiz übernommen. Es geht auch um eine mutmaßliche Tat in Deutschland.

Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen Journalisten wegen Recherchen zu den sogenannten Cum-Ex-Geschäften. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft bestätigte gegenüber LTO die laufenden Ermittlungen. Ende Mai 2018 haben die Hamburger Ermittler den Fall von der Staatsanwaltschaft in Zürich übernommen.

Zuständig seien die deutschen Strafverfolger, weil es auch um eine Inlandstat gehe, so die Sprecherin gegenüber LTO. Gegen den Journalisten werde wegen Anstiftung zum Verrat von Geschäftsgeheimnissen ermittelt. Die Strafvorschrift steht in § 17 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Details wollte die Sprecherin nicht nennen, derzeit werde noch der Sachverhalt ermittelt.

Bei dem Journalisten handelt es sich um Oliver Schröm, Chefredakteur des Recherchenetzwerks "Correctiv". Unter seiner Federführung hatten im Oktober 18 Medien in Europa Recherchen zu den Cum-Ex-Geschäften veröffentlicht: Europaweit soll Finanzämter durch die geschickten Aktiengeschäfte einzelner Banken ein Schaden von mehr als 55 Milliarden Euro entstanden sei.

Die Ermittlungen gehen laut Schröm auf eine Veröffentlichung von 2014 zurück. Zwei Mitarbeiter einer Schweizer Bank seien damals verhaftet worden. Sie wurden verdächtigt, Schröms Informanten zu sein und Betriebsgeheimnisse verraten zu haben. Auch der Reporter geriet ins Visier der Schweizer Justiz. Die Ermittlungen seien ein Versuch, Journalismus zu kriminalisieren, sagte Schröm.

Die Berufung auf das Wettbewerbsrecht sei lediglich ein "Hebel", um unliebsame Recherchen zu unterbinden und Whistleblower sowie Journalisten einzuschüchtern, ergänzte Correctiv-Herausgeber David Schraven, der auch Gründer des Recherche-Netzwerks ist. Frank Überall, Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), sprach von einem Angriff auf die Pressefreiheit. Die Hamburger Staatsanwaltschaft mache sich zum "Handlanger" der Schweizer Justiz.

Derzeit wird im Bundestag an einem neuen Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen und Hinweisgebern gearbeitet, am Mittwoch will der Rechtsausschuss über den Entwurf beraten.

kus/LTO-Redaktion

mit Material der dpa

Zitiervorschlag

Wegen Recherchen zu den Cum-Ex-Deals: . In: Legal Tribune Online, 11.12.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32663 (abgerufen am: 07.11.2024 )

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