Einige pro-palästinensische Demonstranten solidarisieren sich mit der Zivilbevölkerung, andere betreiben antisemitische Hetze. Manche heißen den Hamas-Angriff vom 7. Oktober explizit gut. Dafür wird nun ein Mann angeklagt.
Nach einer Äußerung bei einer verbotenen Solidaritätskundgebung für Palästinenser in München hat die Generalstaatsanwaltschaft München Anklage gegen einen 27-Jährigen erhoben. Der Staatsanwaltschaft hatte die Ermittlungen aufgenommen, nachdem die Aussage des Mannes in der Sendung "Kontrovers" des Bayerischen Rundfunks ausgestrahlt worden war. In dem Beitrag sagte er wörtlich: "Für die Tat alleine habe ich kein Verständnis." Wenn er aber berücksichtige, was die Jahre davor passiert sei, und sich dann den Angriff vom 7. Oktober anschaue, "sage ich: Das ist viel zu wenig."
Die Generalstaatsanwaltschaft sieht hierin eine Billigung des Terrors, also der Morde, Vergewaltigungen und Geiselnahmen. Auch die übrigen Tatbestandsmerkmale des § 140 StGB seien erfüllt. "Die Äußerung des Angeschuldigten war nach Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft München geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören", hieß es in einer Mitteilung der Behörde vom Mittwoch. "Die deutsche Bevölkerung nimmt großen Anteil an dem Leid der zahlreichen ermordeten und entführten Menschen. Die Sympathiebekundungen, die der Angeschuldigte von sich gab, haben das Potenzial, erheblichen Unfrieden in der deutschen Bevölkerung zu verursachen."
Es handle sich bei der Anklage um die erste ihrer Art in Bayern wegen mutmaßlicher Straftaten im Zusammenhang mit dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel, sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft München am Mittwoch. Zuvor hatte die Bild-Zeitung berichtet.
Laut Generalstaatsanwaltschaft hatte der 27-jährige Münchner gemeinsam mit etwa 100 weiteren Menschen am 13. Oktober am Münchner Odeonsplatz an einer zuvor untersagten "Versammlung zur Solidarität mit dem palästinensischen Volk" teilgenommen. Dort soll er sich dann in der Weise geäußert haben, die ihm nun die Anklage einbrachte.
Antisemitische Hetze auf Demos beschäftigt Staatsanwaltschaften bundesweit
Die Anklage wurde demnach in einem beschleunigten Verfahren erhoben, das für Fälle mit klarer Beweislage vorgesehen ist. Trotz des beschleunigten Verfahrens gelte – wie immer bis zu einem rechtskräftigen Urteil – die Unschuldsvermutung. Das Amtsgericht München müsse jetzt entscheiden, ob die Anklage zugelassen wird. Für das Billigen von Straftaten sieht § 140 StGB eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vor.
Seit dem Terrorangriff auf Israel vom 7. Oktober kommt es auch auf deutschen Straßen immer wieder zu Demonstrationen von Palästinensern und Unterstützern, bei denen einige Teilnehmer die islamistische Hamas bejubelten. Nicht immer ist dies so explizit wie im Münchener Fall oder auf der Berliner Sonnenallee am 7. Oktober.
Im Fokus der Ermittlungen steht häufig die Parole "From the river to the sea, Palestine will be free". Hiermit wird ein freies Palästina auf dem Territorium zwischen Jordan und Mittelmeer gefordert – also dort, wo sich heute der Staat Israel befindet. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Berlin sowie von Ex-BGH-Strafrichter Thomas Fischer auf LTO ist dies jedenfalls im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zum 7. Oktober eine strafbare Terror-Billigung gemäß § 140 StGB. Nach Ansicht der Koblenzer Generalstaatsanwaltschaft im Fall des Fußballspielers Anwar El Ghazi ist dies auch der Fall, wenn die Parole eine Woche nach dem Angriff auf Instagram geteilt wird.
mk/dpa/LTO-Redaktion
Nach Äußerung auf verbotener Pro-Palästina-Demo: . In: Legal Tribune Online, 08.11.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53108 (abgerufen am: 03.10.2024 )
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