Schon seit vielen Jahren streitet Jugendrichter Andreas Müller für die Legalisierung von Cannabis – unter anderem mit einer Richtervorlage beim BVerfG. Wegen seines Wirkens hat die Staatsanwaltschaft nun einen Befangenheitsantrag gestellt.
In einem Verfahren gegen einen Heranwachsenden wegen des Besitzes von 28,4 Gramm Cannabis hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) beim Amtsgericht (AG) Bernau (Barnim) einen Befangenheitsantrag gegen den Jugendrichter Andreas Müller gestellt. Hintergrund sei, dass der Richter das Verfahren bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) über das Cannabis-Verbot ausgesetzt habe, bestätigte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Ricarda Böhme, am Donnerstag.
Oberstaatsanwalt Frank Seidel habe daraufhin Mitte Oktober den Befangenheitsantrag gestellt. Grund ist laut der Sprecherin - nach einer Gesamtschau des jahrelangen Wirkens von Müller gegen das Cannabis-Verbot -, die Besorgnis, dass der Richter in solchen Prozessen befangen sei. Müller hatte im April einen Normenkontrollantrag beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gem. Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gestellt, weil er das Cannabis-Verbot für verfassungswidrig hält.
Der Jugendrichter hatte das BVerfG auch bereits 2002 prüfen lassen, ob das Cannabis-Verbot mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Damals entschieden die Karlsruher Richter, dass der Besitz von Haschisch auch in geringen Mengen verboten bleibt.
Müller verweist in einem Facebook-Eintrag für Anfragen in diesem Fall an das AG Bernau. Dessen Direktor Thomas Melzer sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass eine Richterkollegin vermutlich noch in diesem Jahr über den Befangenheitsantrag entscheiden werde.
Die Entscheidung hätte nach Ansicht der Staatsanwaltschaft "grundsätzliche Ausstrahlung". "Wenn die Befangenheit festgestellt würde, wäre es die logische Konsequenz, dem Jugendrichter keine Cannabis-Verfahren mehr zu übertragen", erklärte Böhme. Sie betonte aber, dass der Befangenheitsantrag nicht im Zusammenhang mit der Normenkontrollklage, sondern nur mit dem öffentlichkeitswirksamen Eintreten Müllers gegen das Cannabis-Verbot stehe.
dpa/mgö/LTO-Redaktion
Weil er sich gegen das Cannabisverbot einsetzt: . In: Legal Tribune Online, 03.12.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43634 (abgerufen am: 13.10.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag