Nach LTO-Informationen hat sich Bushido am Mittwoch vor dem LG Mannheim verpflichtet, einer Frau eine hohe Geldsumme zu zahlen. Hintergrund ist die Veröffentlichung eines Videos, in dem er und seine Entourage die Frau sexuell bedrängen.
"Ich hoffe, dass Eure Töchter, meine Töchter nicht solchen Menschen über den Weg laufen wie mir, als der, der ich damals zu dieser Zeit gewesen bin", äußerte Anis Ferchichi, besser bekannt als Rapper Bushido, im Juni 2021 selbstkritisch.
Kurz zuvor hatte ein anderer Rapper namens Cashmo ein damals 17 Jahre altes Video veröffentlicht, das ein aufdringliches Verhalten von Bushido und seiner Entourage gegenüber einer seinerzeit 16-jährigen Frau dokumentiert. Die Aufnahmen aus dem Jahre 2004 zeigen, wie die Frau zum Sex überredet werden soll. "Willst Du Deine Hose ausziehen?", fragt ein Mann, während die Frau neben Bushido auf einem Bett liegt. Sie wird auch gefragt, "ob sie etwas für die Kamera zeigen" und "ficken" möchte. Die Decke mit der nur in Unterwäsche bekleideten und offenbar stark alkoholisierten Frau wird hochgezogen.
Bushido selbst redet vehement auf die Frau ein und äußert mit erhobener Stimme, die Frau solle sich überlegen, was sie wolle, die Wörter "weiß ich nicht", wolle er nicht hören. Zugleich stellt er in Aussicht, dass das Verlassen des Hotelzimmers für die Frau ungemütlich enden könnte. "Wohin willst Du denn jetzt gehen? Draußen in den Wald?". Dabei war ihm zumindest die Möglichkeit der Minderjährigkeit der Frau bewusst, denn er sagt auch die Wörter "wenn Du überhaupt 18 bist" im Verlauf des Videos. Die junge Frau äußert im Video, nicht gefilmt werden zu wollen, und fordert zur Löschung der Aufnahmen auf. Die 16-Jährige war nach einem Konzert in Münster mit in die Unterkunft von Bushido gegangen.
Bushido versucht sich in Reue und Vorwärtsverteidigung zugleich
Nachdem das Video im Juni 2021 geleakt wurde, entschuldigte sich Bushido per Instagram-Video für sein damaliges Verhalten. Es sei ausschließlich sein Fehler und seine Schuld gewesen, was dem Mädchen "im Hotelzimmer verbal angetan wurde." Wie er damals nach Konzerten allgemein Mädchen und Frauen behandelt habe, sei "definitiv nicht vertretbar" gewesen. Es sei darum gegangen "die Dose zu knacken". Keine Frau der Welt habe es verdient, so behandelt zu werden. Er habe an seinen Charakterzügen gearbeitet. Die Zeiten des fehlenden Respekts gegenüber Frauen seien vorbei. Zahlreiche Medien berichtetet über den Vorfall und die Entschuldigung.
Allerdings blieb es nicht bei dieser Entschuldigung Bushidos. Auf der Online-Streaming-Plattform Twitch zeigte Bushido am 27. Juni 2021 eine viel längere Fassung des Videos und kommentierte es. Dabei relativierte er auch sein Verhalten, in dem er etwa betonte, die Frau nur vor Wahl gestellt zu haben, dass beide wach bleiben oder er schlafen gehe. Im Twitch-Video erklärt er auch, es sei damals übliche Praxis gewesen, dass Kumpels von ihm Frauen auf Konzerten "akquiriert" haben, auch in der Hoffnung, diese möge sich "um alle Kollegen kümmern".
Die heute etwa 33-jährige Frau sah sich trotz der Verpixelung in dem während des Streams gezeigten Videos in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt. Sie forderte Bushido auf, das Twitch-Video, das als sogenanntes VOD (Video on Demand) auf dem Twitch-Kanal des Rappers verfügbar geblieben war, offline zu nehmen und eine Unterlassungserklärung im Hinblick auf eine zukünftige Veröffentlichung zu unterzeichnen. Bushido unterzeichnete diese auch, nachdem die Frau einen Antrag auf einstweilige Verfügung vor dem Landgericht Frankfurt eingereicht hatte.
Streit um Geldentschädigung vor dem LG Mannheim
Weiter forderte die Frau vor dem Landgericht Mannheim - vertreten durch ihre Anwälte Dr. Severin Riemenschneider und Larissa Rus von der Media Kanzlei - eine Geldentschädigung in Höhe von 100.000 Euro von dem Rapper. Ein Anspruch auf Geldentschädigung wurde von der Rechtsprechung aus dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht entwickelt (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs.1 Grundgesetz (GG)). Der Anspruch wird nur zuerkannt, wenn eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung bejaht wird und keine anderen Ausgleichsmöglichkeiten bestehen.
In Verfahren argumentierten die Anwälte der Klägerin, diese sei trotz Verpixelung im Video erkennbar, unter anderem durch ihre Stimme. Außerdem sei die Verpixelung unzureichend. Das Recht am eigenen Bild sei daher verletzt, eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung liege vor. Die damals minderjährige Frau werde in einer herabsetzenden und sexuell übergriffigen Situation gezeigt. Bushido stelle sich im Twitch-Video als „Wohltäter“ dar, obwohl die gezeigten Szenen eindeutig das Gegenteil zeigen. Die Frau werde zum bloßen Sexobjekt degradiert. Durch die Veröffentlichung des Videos sei der Frau die besagte Nacht erneut vor Augen geführt worden. Sie habe wochenlang nicht schlafen können und Angst vor weiteren Nachrichten und Schlagzeilen.
Bushido verteidigte sich gegen die Klage und ließ sich durch seine Stammkanzlei für persönlichkeitsrechtliche Angelegenheiten Bezzenberger in Person der Rechtsanwältin Luisa Pflug vertreten. Bushidos Anwälte bestritten zunächst, dass es sich bei der im Video gezeigten Person überhaupt um die klagende Frau handelt. Bushido habe jedenfalls größtmögliche Anstrengung unternommen, damit die Klägerin nicht erkennbar sei. Ihm sei es bei der Veröffentlichung zudem nicht um die Erniedrigung der Frau, sondern um die Darstellung seiner Version des Geschehens gegangen. Da ihm gegenüber der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen erhoben wurde, habe er mit der Kommentierung des Videos den Vorwurf entkräften wollen, die gefilmte Person zum Geschlechtsverkehr gedrängt zu haben.
Ein Vergleich in der Mitte
Am Mittwoch fand die mündlichen Verhandlung vor dem LG Mannheim stand. Bushido war persönlich anwesend. Die Richter der 14. Kammer gaben zu erkennen, dass sie aufgrund Inhalte des streitgegenständlichen Videos die Voraussetzungen einer Geldentschädigung wegen schwerwiegender Persönlichkeitsrechtverletzung als gegeben ansehen. Die Frau sei trotz Verpixelung identifizierbar. Auch verfange Bushidos Argument der Entkräftung von Vorwürfen nicht, da auch das kommentierte Twitch-Video eine sexuelle Bedrängung zeige. Allerdings sei die Geldentschädigung nicht in der von der Klägerin beantragten Höhe von 100.000,- Euro zuzusprechen.
Angesichts der Bedeutung und Tragweite der Persönlichkeitsrechtsverletzung sei ein Betrag von 50.000 bis 75.000 Euro realistisch, so die Richter. Ob das Video nach dem zum Tatzeitpunkt geltenden Recht Sexualstraftaten zum Nachteil der Klägerin dokumentiert, hatte die Kammer nicht zu entscheiden. Sie hat hieran in der Verhandlung jedoch erhebliche Zweifel erkennen lassen, wie eine Pressesprecherin des Gerichts gegenüber LTO bestätigte.
Schließlich einigten sich die Klägerin und Bushido salomonisch in der Mitte der vom Gericht vorgeschlagenen Summe und schlossen einen entsprechenden Vergleich. Nach LTO-Informationen muss Bushido der Frau nun 62.500 Euro wegen der Videoveröffentlichung zahlen. Die Pressestelle des LG Mannheims bestätigte die Einigung der Parteien.
Videoveröffentlichung nach sexueller Bedrängnis: . In: Legal Tribune Online, 31.03.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48003 (abgerufen am: 14.10.2024 )
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