Erstmals hat ein Gericht im Ukraine-Krieg Todesurteile verhängt. Die prorussischen Separatisten wollen drei Ausländer hinrichten, die in den Reihen der ukrainischen Armee gekämpft haben. Sie können noch in Berufung gehen.
Das Oberste Gericht der separatistischen Donezker Volksrepublik (DVR) hat drei ausländische Kämpfer in den Reihen der ukrainischen Streitkräfte als Söldner zum Tode verurteilt. Die Todesstrafe werde für "alle Verbrechen zusammengenommen" verhängt, heißt es laut der russischen Nachrichtenagentur Tass in der Urteilsbegründung. Bei den Angeklagten handelt es sich um zwei Briten und einen Marokkaner. Sie können innerhalb eines Monats gegen das Urteil noch Berufung einlegen.
Russische Medien teilten zudem mit, dass die drei Männer die Möglichkeit hätten, ein Gnadengesuch an die Führung der prorussischen Separatistenrepublik zu stellen. Werde dies angenommen, könne die Todesstrafe in lebenslange Haft oder 25 Jahre Strafkolonie umgewandelt werden, hieße es.
Die britische Außenministerin Liz Truss bezeichnete die Todesstrafe als "Scheinurteil ohne jegliche Legitimität". Aus der Downing Street hieß es zudem, man sei tief besorgt und werde mit den ukrainischen Behörden weiter zusammenarbeiten, um auf die Freilassung von gefangen genommenen britischen Staatsbürgern, die an der Seite der Ukraine gekämpft hätten, hinzuarbeiten.
Der Prozess gegen die drei Männer hatte am Mittwoch unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit begonnen. Ihnen werden Handlungen zur gewaltsamen Machtergreifung vorgeworfen. Laut Gericht haben die Angeklagten "ihre Schuld gestanden". Einer der Männer habe zudem "zugegeben, in Terroranschlägen geschult worden zu sein".
Die beiden Briten waren Mitte April in der südostukrainischen Hafenstadt Mariupol von prorussischen Kräften gefangen genommen worden. Beide hatten laut Medienberichten schon vor dem Krieg in der Ukraine gelebt und auch dort geheiratet. Nach dem russischen Einmarsch kämpften sie auf der Seite der ukrainischen Armee.
Russland will Ausländer nicht als Kriegsgefangene behandeln
Wer als Soldat in Kriegsgefangenschaft gerät, dem droht normalerweise kein Strafverfahren. Kriegsgefangenschaft ist präventiv, nicht repressiv. Sie soll weitere Kampfhandlungen der Gegner verhindern, aber nicht bestrafen. Daher müssen Kriegsgefangene am Ende des Konflikts wieder freigelassen werden.
Igor Konaschenkow, ein Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, drohte jüngst aber, dass die Ausländer nicht als Kombattanten, sondern als Söldner gelten würden und die internationalen Gesetze zum Schutz von Kriegsgefangenen nicht auf sie angewendet werden würden.
Der Völkerrechtler Simon Gauseweg von der Europa-Universität Viadrina hält die Einschätzung der russischen Regierung, ausländische Kämpfer bestrafen zu dürfen, jedoch gegenüber LTO rechtlich für nicht haltbar. Wer sich den ukrainischen Streitkräften unterstellt, sei als Kombattant einzustufen, womit die Rechte der Kriegsgefangenschaft aus der III. Genfer Konvention gelten würden, welche detailliert Pflichten und Rechte von Kriegsgefangen regelten.
In Russland gilt ein Moratorium auf die Todesstrafe. In den Separatistenrepubliken gilt dieses Moratorium hingegen nicht. Laut Medienberichten könnte die Hinrichtung durch Erschießen vollzogen werden. Insgesamt hat Russland nach eigenen Angaben 6.500 Ukrainer gefangen genommen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyi hatte zu Beginn des Krieges Freiwillige aus aller Welt dazu aufgerufen, sich den ukrainischen Streitkräften anzuschließen. Dem Aufruf sind Berichten zufolge viele gefolgt, auch Deutsche. Strafbar ist das nicht, wie die Bundesregierung Anfang März klarstellte. Deutsche, die offiziell der ukrainischen Armee beitreten, machten sich im Krieg nur strafbar, wenn sie gegen das Völkerrecht verstoßen, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme des Innen-, Justiz- und Außenministerium gegenüber dem ZDF.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Separatistische Donezker Volksrepublik (DVR): . In: Legal Tribune Online, 09.06.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48711 (abgerufen am: 15.12.2024 )
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