Schwarzfahren: Debatte um Ent­kri­mi­na­li­sie­rung nimmt weiter Fahrt auf

12.04.2023

Schwarzfahren könnte künftig von der derzeitigen Straftat gem. § 265a StGB zu einer Ordnungswidrigkeit herabgestuft werden. Richterinnen und Richter begrüßen dieses Vorhaben.

Ob Schwarzfahren entkriminalisiert werden soll, wird weiterhin stark diskutiert. Richterinnen und Richter und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in Baden-Württemberg begrüßen die Forderung, das Vergehen künftig nicht mehr als Straftat zu behandeln. "Die Herabstufung zu einer Ordnungswidrigkeit würde auf jeden Fall in die richtige Richtung gehen", sagte ein Sprecher des Deutschen Richterbunds Baden-Württemberg am Mittwoch in Stuttgart.

Auswirkungen auf Staatsanwaltschaften

Auswirkungen hätte die Änderung demnach vor allem auf die Staatsanwaltschaften im Land. Diese sind nach der derzeitigen Regelung für die Verfolgung der Schwarzfahrer zuständig. "Das läuft überwiegend über Strafbefehle", sagte der Sprecher. Mit einem Strafbefehl kann die Staatsanwaltschaft einen Abschluss des Verfahrens auch ohne Verhandlung vor Gericht beantragen. "Der Aufwand für die Bearbeitung einer Schwarzfahrt hält sich in Grenzen, die Masse der Fälle macht aber durchaus Aufwand", so der Sprecher weiter.

Auch der Verkehrsminister Baden-Württembergs, Winfried Hermann (Grüne), hat die Forderung bekräftigt, das Fahren ohne Fahrschein zu entkriminalisieren. "Eine Behandlung des Schwarzfahrens als Straftat ist nicht mehr zeitgemäß", sagte Hermann der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Gefängnisstrafen seien nicht verhältnismäßig. Ein Bußgeld ist laut dem Minister ausreichend. Dieser Meinung ist auch Thomas Fischer, ehemaliger Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof (BGH).

Damit sind Hermann und Fischer einer Meinung mit der Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland. Einer aktuellen Umfrage zufolge finden es zwei Drittel der Bundesbürger richtig, wenn Schwarzfahren künftig als Ordnungswidrigkeit behandelt und mit einer Geldbuße belegt würde - genauso wie Falschparken. Lediglich ein Viertel der Befragten spricht sich dagegen aus, so die Ergebnisse einer Umfrage von Infratest dimap im Auftrag der Plattform "Frag den Staat", die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen.

Doch keine Entlastung der Justiz?

Gegen eine Reform ist Baden-Württembergs Justizministerin Marion Gentges. Eine Herabstufung des Schwarzfahrens zu einer Ordnungswidrigkeit führe nicht zu einer Entlastung der Justiz, argumentiert die CDU-Politikerin. "Der staatliche Aufwand wird dadurch insgesamt nicht geringer." Bei einer Ordnungswidrigkeit sind zunächst die Verwaltungsbehörden für die Verfolgung zuständig, genauso wie beim Falschparken. "Im Falle des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid wird allerdings wiederum eine Befassung der Gerichte erforderlich", sagte Gentges.

Unterstützung bekommt Gentges von der FDP im Land. "Die Entkriminalisierung ist das falsche Signal", sagte Christian Jung, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion am Mittwoch in Stuttgart. Wer einmal schwarzfahre, lande nicht im Gefängnis. "Haftstrafen gibt es nur für notorische Schwarzfahrer, die ihre Geldstrafen nicht bezahlen", sagte Jung. Es gebe gewisse Spielregeln für das gemeinsame Zusammenleben, an die sich alle halten müssten.

dpa/cp/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Schwarzfahren: . In: Legal Tribune Online, 12.04.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51525 (abgerufen am: 15.10.2024 )

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