Sachsen-Anhalt: Ver­sch­leie­rungs­verbot soll im Früh­jahr kommen

10.02.2020

Sachsen-Anhalt will Schülerinnen das Verschleiern ihres Gesichtes im Unterricht verbieten. Das soll das Parlament im Frühjahr beschließen - mit reichlich Anlaufzeit.

Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt will in diesem Frühjahr das Verschleierungsverbot an Schulen verabschieden - mehr als zwei Jahre, nachdem der Landtag erstmals einen entsprechenden Gesetzesentwurf diskutierte. Der Gesetzentwurf dafür werde voraussichtlich im März ins Parlament eingebracht, sagte Grünen-Fraktionschef Sebastian Striegel. Die Abgeordneten hatten das Thema erstmals im Januar 2018 diskutiert.

Das "Gesetz zum bereichsspezifischen Verbot der Gesichtsverhüllung" soll es Schülern bei allen Schulveranstaltungen verbieten, das Gesicht zu verbergen. "Das Verschleiern oder Verhüllen des Gesichts widerspricht der Funktion der Schule als Ort der offenen Kommunikation und der Integration", hieß es in dem Entwurf aus dem Januar 2018. Außerdem soll auch die Verschleierung bei Wahlen verboten werden.

Das Gesetz zielt unter anderem auf arabische Gesichtsschleier (Nikab) und afghanische Ganzkörpergewänder mit Sichtgitter (Burka) ab. Die Linke hatte bei der ersten Beratung des Entwurfs zu Bedenken gegeben, dass in Sachsen-Anhalt kaum Frauen Burkas oder Nikabs trügen.

Zähes Vorhaben: Über zwei Jahre Hin und Her

Der Gesetzentwurf war nach den Beratungen im Landtag zunächst in den Innenausschuss überwiesen worden. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Hagen Kohl (AfD) ging der Entwurf dann im Mai 2018 in den Bildungsausschuss und landete im Oktober wieder im Innenausschuss. Dort nahmen ihn die Regierungsfraktionen allerdings von der Tagesordnung. "Seither liegt der Gesetzentwurf im Innenausschuss auf Eis", berichtete Kohl.

Grund für die lange Hängepartie war ein Kompromiss der Kenia-Koalition: Die Grünen knüpften ihre Zustimmung an eine Reform des Bestattungsgesetzes. Es gehe dabei um die interkulturelle Öffnung der Vorschriften für Begräbnisse, erklärte Striegel. So wollen die Grünen vor allem Juden und Muslimen durch die Reform ermöglichen, auch bei Bestattungen in Sachsen-Anhalt ihren religiösen Traditionen zu folgen. Dazu gehören etwa die Beisetzung in Tüchern, die Ausrichtung der Gräber nach Mekka oder getrennte jüdische Bereiche auf Friedhöfen.

Die Grünen unterstützten zwar das Verschleierungsverbot, sagte Striegel. "Wir brauchen da, vor allem in Schulen, klare Regeln." Integration müsse aber auch vom Aufnahmeland ausgehen. Mit der gleichzeitigen Liberalisierung des Bestattungsgesetzes zeige das Land, dass es nicht darum gehe, religiöse Freiheiten zu beschneiden. Der Entwurf der Bestattungsreform ist laut Striegel vorige Woche in seiner Fraktion eingegangen; nach den Winterferien soll sie darüber diskutieren.

Gesetzliche Grundlage für Verbot erforderlich

Dass ein solches gesetzlich verankertes Verbot von Nikabs oder Burkas notwendig ist, um Schülerinnen das Tragen solcher Verschleierungen im Unterricht zu untersagen, hatte kürzlich der Hamburgische Oberverwaltungsgericht entschieden (Beschl. v. 29.1.2020, Az. 1 Bs 6/20). In Hamburg hatte kein ausdrückliches Gesetz bestanden, dass das Tragen von Nikabs verbot. Trotzdem war einem 16-jährigen Mädchen untersagt worden, einen Nikab zu tragen. Darin erkannte das Gericht einen wesentlichen Eingriff in ihre Religionsfreiheit, der nur auf Grundlage eines Gesetzes erfolgen dürfe. Das Mädchen darf nun also mit dem Nikab zur Schule gehen.

Als Reaktion auf diese Entscheidung kündigten Hamburg und viele weitere Bundesländer umgehend an, entsprechende Gesetze zu schaffen.

ast/dpa/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Sachsen-Anhalt: . In: Legal Tribune Online, 10.02.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40201 (abgerufen am: 05.10.2024 )

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