OLG Saarland zum Dieselskandal: Scha­dens­er­satz ja, kurz­fris­tiger Rück­tritt nein

17.02.2020

Wer ein vom Dieselskandal betroffenes Auto gekauft hat, kann zwar Schadensersatz verlangen. Zurücktreten, ohne Zeit zum Aufspielen des Software-Updates zu lassen, kann man aber nicht, so das OLG Saarbrücken.

Das Saarländische Oberlandesgericht (OLG) hat kürzlich in zwei Verfahren zum Dieselskandal entschieden. Laut den nun veröffentlichten Entscheidungen ist das Inverkehrbringen von Autos, die mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet sind, eine vorsätzliche sittenwidrige Täuschung im Sinne des § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) (Urt. v. 14.2.2020, Az. 2 U 128/19). Der Kauf eines solchen Autos berechtigt allerdings nicht zum Rücktritt, wenn der Käufer keine Zeit zur Nachbesserung durch Aufspielen eines Softwareupdates lässt (Urt. v. 14.2.2020, Az. 2 U 104/17).

Schadensersatz, weil Täuschung "offensichtlich zur Gewinnmaximierung" diente

Die im ersten genannten Verfahren klagende Käuferin hatte einen VW Polo erworben. Wie sich später herausstellte, war der Wagen mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Motor ausgestattet. Die Frau verlangte daher die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Autos. 

Das OLG bejahte einen Schadensersatzanspruch der Käuferin gegen VW aus § 826 BGB. Indem VW Autos mit manipulierten Motoren in den Verkehr gebracht hat, seien Erwerber entsprechender Fahrzeuge arglistig getäuscht worden. Im Verkauf der Autos liege nämlich, so die Richter, die konkludente Erklärung, dass die Wagen entsprechend ihrem objektiven Verwendungszweck im Straßenverkehr eingesetzt werden können und über eine fortbestehende Betriebserlaubnis verfügen. Dies habe auf die betroffenen Autos aber nicht zugetroffen. 

Die Verheimlichung der Manipulation gegenüber Kunden und Behörden sei dabei als sittenwidrig zu bewerten. Die Täuschung kann nach Auffassung des OLG "offensichtlich nur dazu gedient haben, unter Ausnutzung der Fehlvorstellung potenzieller Kunden hohe Absatzzahlen zu erreichen, durch Kostensenkung eine Gewinnmaximierung zu erzielen und sich Wettbewerbsvorteile zu sichern."

Die Käuferin müsse sich aber die Vorteile, die ihr durch die mehrjährige Nutzung des Polos entstanden sind, anrechnen lassen. Sie hatte zwar argumentiert, dass eine Vorteilsanrechnung bei Ansprüchen aufgrund sittenwidriger Schädigungen generell zu unterbleiben habe. Dieser Ansicht ist das OLG jedoch nicht gefolgt. Die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfragen zugelassen.

Kein wirksamer Rücktritt, weil Software-Update vorbereitet wurde

Im zweiten genannten Verfahren hatte ein Käufer eines gebrauchten Porsche Cayenne gegen den Verkäufer geklagt. Wegen des manipulierten Motors hatte der Käufer aus kaufrechtlicher Gewährleistung die Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangt. Er setzte eine Frist von zwei Wochen. Das beklagte Autohaus hatte die Rückabwicklung jedoch abgelehnt, da eine Rückrufaktion, bei der die beanstandete Manipulation behoben werden würde, bevorstünde. Darauf wollte der klagende Käufer aber nicht warten und trat vom Vertrag zurück.

Das OLG entschied nun, dass er allerdings hätte warten müssen. Unabhängig von der vom Gericht offen gelassenen Frage, ob ein Mangel vorliege, seien die Voraussetzungen für einen Rücktritt nicht erfüllt. Ein Käufer müsse einem Verkäufer zunächst ausreichende Gelegenheit zur Nacherfüllung geben. Eine zweiwöchige Frist sei, so die Richter, in diesem Fall aber nicht ausreichend gewesen, insbesondere weil das Autohaus hier zur Nachbesserung auf die Mitwirkung des Herstellers angewiesen gewesen sei.

Der Hersteller habe seine Rückrufaktion wiederung in Abstimmung mit dem Kraftfahrtbundesamt vorbereiten müssen, worüber das Autohaus den Käufer auch informiert habe. Entsprechend wäre es dem Käufer nach Auffassung des OLG auch zumutbar gewesen, jedenfalls die bis zum Software-Update veranschlagten drei Monate zu warten: Das Fahrzeug hätte er in der Zwischenzeit immerhin uneingeschränkt weiter nutzen können.

ast/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG Saarland zum Dieselskandal: Schadensersatz ja, kurzfristiger Rücktritt nein . In: Legal Tribune Online, 17.02.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40317/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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