EuGH zum Online-Kauf von Flugtickets: Reiserücktrittsversicherung darf nicht automatisch dazu gebucht werden

20.07.2012

Vermittler von Flugreisen dürfen beim Online-Verkauf von Flugscheinen eine Reiserücktrittsversicherung nicht voreinstellen. Zum Schutz der Verbraucher darf diese "fakuktative Zusatzleistung" nach einem Urteil des EuGH vom Donnerstag nur auf "Opt-in"-Basis angeboten werden.

"Fakultative Zusatzkosten" beträfen Dienste, die den Luftverkehrsdienst als solchen ergänzen, so der Europäische Gerichtshof (EuGH). Sie seien für die Beförderung des Fluggasts weder obligatorisch noch unerlässlich, so dass der Kunde die Wahl hat, sie anzunehmen oder abzulehnen. Gerade weil der Kunde diese Wahl hat, schreibe das Unionsrecht vor, dass solche Zusatzkosten auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn jedes Buchungsvorgangs mitgeteilt werden müssen und dass ihre Annahme durch den Kunden auf "Opt-in"-Basis erfolgen muss.

Dieses Erfordernis solle verhindern, dass der Kunde dazu verleitet wird, für den Flug selbst nicht unerlässliche Zusatzleistungen abzunehmen, sofern er sich nicht ausdrücklich dafür entscheidet, sie abzunehmen und die Zusatzkosten dafür zu zahlen (Urt. v. 19.07.2012, Rs. C-112/11).

Die ebookers.com Deutschland vertreibt über ihr Online-Reiseportal Flugreisen. Hat der Kunde während des Buchungsvorgangs einen bestimmten Flug ausgewählt, erscheint auf der Website oben rechts unter der Überschrift "Ihre aktuellen Reisekosten" eine Kostenaufstellung. Diese Aufstellung enthält neben den Kosten für den Flug den Betrag für "Steuern und Gebühren" und – voreingestellt – die Kosten für eine "Versicherung Rücktrittskostenschutz". Die Summe dieser Kosten ergibt den "Gesamtreisepreis".

Fakultative Zusatzleistung müssen auf "Opt-in"-Basis angeboten werden

Am Ende der Website wird der Kunde darauf hingewiesen, wie er zu verfahren hat, wenn er die – voreingestellt – eingeschlossene Versicherung nicht abschließen möchte: Er muss dann sein Einverständnis ausdrücklich verweigern ("Opt-out"). Von dem vom Kunden nach der Buchung gezahlten Preis entrichtet ebookers.com die Kosten des Flugscheins an das Luftverkehrsunternehmen, leitet die Steuern und Gebühren weiter und führt den Beitrag für die Reiserücktrittsversicherung an die Versicherungsgesellschaft ab, die rechtlich und wirtschaftlich nicht zu dem Luftverkehrsunternehmen gehört.

Eine deutsche Verbraucherschutzvereinigung klagte gegen das Unternehmen vor deutschen Gerichten auf Abstellung der Praxis, in den Flugpreis als Voreinstellung eine Reiserücktrittsversicherung einzuschließen. Vor diesem Hintergrund hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln dem Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob die Kosten für solche Leistungen Dritter, die der Fluganbieter von dem Kunden in einem Gesamtpreis gemeinsam mit dem Flugpreis erhebt, "fakultative Zusatzkosten" darstellen, so dass die fraglichen Leistungen auf "Opt-in"-Basis angeboten werden müssen.

Der Gerichtshof bejahte diese Frage und stellte fest, dass es mit dem Zweck, den Kunden zu schützen, nicht vereinbar wäre, wenn dieser Schutz davon abhinge, ob die fakultative Zusatzleistung von einem Luftfahrtunternehmen oder von einem anderen, rechtlich von ihm verschiedenen Unternehmen erbracht wird. Dagegen komme es darauf an, dass die fakultative Zusatzleistung und die Zusatzkosten dafür im Zusammenhang mit dem Flug selbst im Rahmen des zu dessen Buchung vorgesehenen Vorgangs angeboten werden.

tko/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH zum Online-Kauf von Flugtickets: Reiserücktrittsversicherung darf nicht automatisch dazu gebucht werden . In: Legal Tribune Online, 20.07.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6667/ (abgerufen am: 16.04.2024 )

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