Die Rechte von Beschuldigten in Strafverfahren sollen gestärkt werden. Bei der Umsetzung von EU-Vorgaben will das Bundeskabinett u.a. das Anwesenheitsrecht des Verteidigers bei polizeilichen Vernehmungen in die StPO aufnehmen.
Das Bundeskabinett hat den von Bundesjustizminister Heiko Maas vorgelegten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten in Strafverfahren beschlossen. Er setzt insbesondere EU-Vorgaben um, laut dem Bundesjustizministerium (BMJV) mit nur "punktuellen Änderungen" für Deutschland.
"Jeder hat das Recht auf eine umfassende Verteidigung", das setze der Entwurf um, kommentiere Justizminister Heiko Maas (SPD) am Mittwoch. Ganz so positiv bewertete der Deutsche Anwaltverein (DAV) am Mittwoch das Papier nicht. Er begrüßte zwar das ausdrückliche Anwesenheitsrecht des Verteidigers bei polizeilichen Vernehmungen, das in der Strafprozessordnung (StPO) verankert werden soll.
Aber der DAV habe erwartet, dass die Regelungen zur Kontaktsperre insgesamt, also auch für Inhaftierte abgeschafft würden. Die auf die Zeiten des RAF-Terrors zurückgehenden Vorschriften, aufgrund derer jede Verbindung eines Gefangenen zur Außenwelt unterbrochen wird, seien "seit fast vierzig Jahren nicht mehr angewendet worden“, sagte Michael Rosenthal, Mitglied im DAV-Ausschuss für Strafrecht. Tatsächlich sollen eine Kontaktsperre aber nun bloß "nicht mehr in allen Fällen den Zugang zum Verteidiger ausschließen".
Neues für Jugendliche und Schöffen
Personen, die wegen eines Europäischen Haftbefehls festgenommen wurden, sollen künftig darüber unterrichtet werden, dass sie auch im ersuchenden Mitgliedstaat einen Rechtsbeistand benennen können. Dazu soll das Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen geändert werden.
Wird einem Jugendlichen die Freiheit entzogen, soll ein neuer § 67a Jugendgerichtsgesetz vorschreiben, dass dessen Erziehungsberechtigte und gesetzliche Vertreter so bald wie möglich über den Freiheitsentzug und dessen Gründe zu informieren sind.
Neuerungen gibt es auch für Schöffen. So soll die verpflichtende Pause nach zwei aufeinander folgenden Amtsperioden wegfallen. Dies soll insbesondere Senioren ermöglichen, sich ohne Einschränkung bis zur Altersgrenze von höchstens 75 Jahren als Schöffen zu engagieren. Gleichzeitig sollen die Möglichkeiten erweitert werden, ein Amt als ehrenamtlicher Richter abzulehnen.
pl/LTO-Redaktion
Mit Materialien von dpa
Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf: . In: Legal Tribune Online, 15.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19675 (abgerufen am: 10.12.2024 )
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