Die Verhandlungen über eine Wahlrechtsreform sind ziemlich festgefahren. Dabei sind sich alle Parteien im Prinzip einig, dass der Bundestag wieder kleiner werden muss. Jetzt liegt dort erstmals ein Gesetzentwurf vor.
Vor dem Beginn parlamentarischer Beratungen über eine Wahlrechtsreform haben FDP, Grüne und Linke eindringlich an Union und SPD appelliert, endlich Kompromissbereitschaft zu zeigen. "Bisher treffen wir leider auf eine breite Blockade insbesondere seitens von CDU und CSU", kritisierte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Stefan Ruppert, am Donnerstag in Berlin. "Wir fordern deshalb die große Koalition, aber insbesondere CDU und CSU auf, diese Blockade aufzugeben." Union und SPD seien in dieser Diskussion "völlig ineinander verkeilt". Sie müssten entweder einen eigenen Vorschlag machen. "Oder man muss mit uns reden."
FDP, Grüne und Linke haben einen gemeinsamen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, der am Donnerstagabend erstmals beraten werden sollte. Sein Ziel ist es, wieder zu einer Verkleinerung des Bundestags zu kommen. Dieser erreichte mit der Wahl 2017 durch Überhang- und Ausgleichsmandate die Rekordgröße von 709 Abgeordneten. Die reguläre Sitzzahl liegt bei 598. Es gibt Berechnungen, wonach das Parlament bei der nächsten Bundestagswahl sogar auf mehr als 800 Abgeordnete anwachsen könnte.
Der Gesetzentwurf der drei Oppositionsparteien sieht vor, die Zahl der Wahlkreise von derzeit 299 auf 250 zu reduzieren. Die Gesamtzahl der regulären Sitze im Bundestag soll von 598 auf 630 erhöht werden. Außerdem soll das sogenannte Sitzkontingentverfahren abgeschafft werden, ein Berechnungsmodus für die Sitze jeder Partei, der faktisch zu einer Erhöhung der Mandatszahl führt.
Bund der Stuerzahler: "500 Abgeordnete sind genug"
Dies sei ein Angebot an CDU/CSU und SPD, "einen gemeinsamen Vorschlag zu finden, um eine Verkleinerung des Bundestages vorzunehmen und gleichzeitig das hoch akzeptierte personalisierte Verhältniswahlrecht beizubehalten", sagte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Britta Haßelmann. Das vorgeschlagene Modell würde alle Parteien proportional gleich treffen. Wäre 2017 der Bundestag schon nach diesem Recht gewählt worden, hätten die Grünen zum Beispiel nur 59 statt 67 Sitze, die FDP nur 71 statt 80.
In der Bevölkerung gebe es einen gewissen Wunsch nach einer Verkleinerung des Bundestags, sagte der rechtspolitische Sprecher der Linken, Friedrich Straetmanns. Diesem müsse das Parlament Rechnung tragen. "Das ist hier auch ein Lackmustest, ob diese parlamentarische Demokratie selber reformfähig ist und dieses Ziel gemeinsam erreicht." Der Gesetzentwurf sei nicht nur verfassungsgemäß, er könne auch zu einer schlankeren Arbeitsstruktur führen und damit zur Stärkung der parlamentarischen Demokratie beitragen.
Der Bund der Steuerzahler (BdSt) forderte eine noch rigorosere Reform. "500 Abgeordnete sind genug", erklärte sein Präsident Reiner Holznagel am Donnerstag - allerdings ohne zu sagen, wie dies erreicht werden könnte. "Um die Größe des Bundestags für Wähler wieder berechenbar zu machen, muss endlich ein Ausweg aus dem verkorksten Wahlrecht gefunden werden."
dpa/acr/LTO-Redaktion
Wahlrecht: . In: Legal Tribune Online, 15.11.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38727 (abgerufen am: 02.12.2024 )
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