BMI stellt Polizeiliche Kriminalstatistik 2021 vor: Weniger Gewalt­de­likte, mehr junge Opfer

05.04.2022

In Deutschland sind im vergangenen Jahr erneut weniger Straftaten begangen worden und die Polizei verzeichnet auch eine höhere Aufklärungsquote. Sorgen bereitet dagegen der Anstieg bei Kindesmissbrauch und Cyberkriminalität.

Die Zahl der von der Polizei erfassten Straftaten ist 2021 im fünften Jahr in Folge gesunken. Bundesweit wurden insgesamt rund fünf Millionen Fälle registriert. Mit einem Rückgang von 4,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr war die Entwicklung diesmal sogar noch deutlicher als im ebenfalls von der Corona-Pandemie überschatteten Jahr 2020, wie aus der am Dienstag in Berlin vorgestellten Polizeilichen Kriminalstatistik für 2021 weiter hervorgeht.  In den Jahren 2014 bis 2016 hatten die Fallzahlen jeweils noch über sechs Millionen gelegen.

"Wir sind ein sehr sicheres Land und ein starker Rechtsstaat", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei der Vorstellung. Die Kriminalstatistik zeige in den meisten Bereichen eine positive Entwicklung. Insbesondere die erneut gestiegene Aufklärungsquote zeige, dass sich die Stärkung der Polizei auszahle, so die Ministerin.

Hohe Aufklärungsquote, Rückgang bei Gewaltverbrechen

Im vergangenen Jahr hat die Polizei 58,7 Prozent aller Fälle aufgeklärt. Zehn Jahre zuvor lag die Aufklärungsquote bei 54,7 Prozent. Allerdings weist das BKA in den Anmerkungen zu seiner Statistik auf einen Zusammenhang mit dem Rückgang der Diebstahlsfälle hin. Denn bei diesem Delikt ist die Aufklärungsquote generell niedrig, während sie beispielsweise beim Stalking oder beim Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte jeweils bei über 90 Prozent liegt.

Bei den Gewaltdelikten ging die Zahl der registrierten Fälle im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurück - um 6,8 Prozent auf rund 165.000 Fälle. Etwa vier von fünf Gewaltstraftaten wurden aufgeklärt.

Erstmals in der Statistik ausgewiesen werden Messerangriffe. Das hatte die Innenministerkonferenz angeregt. Für das Jahr 2021 zeigt sich: Bei 6,6 Prozent der Gewaltdelikte wurde ein Messer benutzt oder als Drohmittel verwendet. Als "Messerangriffe" im Sinne der Statistik gelten alle Taten, bei denen "der Angriff mit einem Messer unmittelbar gegen eine Person angedroht oder ausgeführt wird". Es reicht also nicht, dass ein Tatverdächtiger ein Messer lediglich bei sich führt - etwa verdeckt in der Jackentasche.

Weniger Wohnungseinbrüche und Rauschgiftdelikte

Ebenfalls rückläufig war die Zahl der angezeigten Wohnungseinbrüche, die wegen der teilweise harten Lockdown-Maßnahmen und Reisebeschränkungen schon 2020 niedrig gewesen war, sank noch einmal um 27,7 Prozent rund 54.000 Fälle.

"Millionen Menschen haben im vergangenen Jahr überwiegend im Homeoffice gearbeitet. Das hat sich abschreckend auf Einbrecher ausgewirkt, weil dadurch das Entdeckungsrisiko zu hoch war", sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Außerdem zahlten sich die zunehmenden Investitionen der Bürger in Sicherheitstechnik aus. Die Schadenhöhe habe sich insgesamt um 40 Millionen Euro auf 180 Millionen Euro verringert. Der Summe, die im Schnitt pro Schaden anfiel, stieg laut GDV von 2.700 Euro auf 3.100 Euro.

Auch die Zahl der erfassten Rauschgiftdelikte sank 2021 laut Statistik leicht, um 1,3 Prozent auf rund 361.000 Fälle. Die Entwicklung war jedoch, je nach Droge, unterschiedlich. Bei Heroin, Kokain und Crack sowie bei LSD stellten die Polizeibehörden einen Zuwachs fest, während die Zahl der polizeibekannten Fälle, in denen es um Cannabis und Amphetamine ging, abnahm.

Mehr Kriminalität im Internet und sexueller Missbrauch

Dafür stieg die Zahl der Straftaten, die über das Internet, verübt wurden. "Wir beobachten insgesamt eine strukturelle Veränderung der Kriminalität", sagt BKA-Präsident Holger Münch. Seit 2015 habe sich die Zahl der von der Polizei erfassten Cybercrime-Delikte etwa verdoppelt. Im vergangenen Jahr wurden der Polizei 146.363 Fälle bekannt - obwohl die Anzeigequote in diesem Bereich niedrig ist.

Auch der Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK), Joachim Herrmann, will bei der Bekämpfung von Cyberkriminalität einen Schwerpunkt setzten. Außerdem müssten "Hass und Hetzte im Netz" noch besser verfolgt werden.

Sorgen bereitet allen Beteiligten auch der Anstieg  beim Kindesmissbrauch - um 6,3 Prozent auf rund 15.500 Fälle. Noch deutlicher beim Handel mit Darstellungen sexuellen Missbrauchs an Kindern (plus 108,8 Prozent). Ein Grund ist die hohe Zahl von Meldungen des National Center of Missing and Exploited Children in den USA zu Delikten mit Tatort in Deutschland. Ein weiterer Faktor ist den Angaben zufolge, dass Kinder und Jugendliche - kinder- und jugendpornografische Bilder in Gruppenchats teilen und somit verbreiten, zum Beispiel via WhatsApp, Instagram oder Snapchat. Manchmal ohne zu wissen, dass dies verboten ist.

"Die hohen Zahlen im Bereich des Handels mit Darstellungen sexuellen Missbrauchs an Kindern sind sehr beunruhigend und zeigen den weiterhin großen Handlungsbedarf", sagt die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic. Bundesinnenministerin Faeser will deswegen das BKA weiter stärken und den Ermittlungsdruck erhöhen. Dabei soll auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz helfen.

Obgleich im vergangenen Jahr weniger Straftaten verübt wurden, stieg die Zahl der Opfer im Alter unter 14 Jahren im Vergleich zum Vorjahr an. Im vergangenen Jahr wurden laut Statistik knapp 72.000 Kinder Opfer von Straftaten. Das waren 1.825 ganz junge Opfer mehr als im Jahr zuvor.

dpa/mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BMI stellt Polizeiliche Kriminalstatistik 2021 vor: . In: Legal Tribune Online, 05.04.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48056 (abgerufen am: 06.11.2024 )

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