Wie mit dem nationalsozialistischen Erbe des Palandt umzugehen ist, wird schon seit längerer Zeit diskutiert. Die SPD-Bundestagsfraktion will daraus jetzt auch einen Fall für den Rechtsausschuss machen.
Die Diskussion um eine Umbenennung des BGB-Kommentars Palandt könnte bald auch im Rechtsausschuss des Bundestages fortgeführt werden. Das plant zumindest die SPD-Fraktion nach Angaben ihres rechtspolitischen Sprechers Johannes Fechner. Danach soll dort ein Beschluss gefasst werden, in dem der Beck-Verlag zur Umbenennung aufgefordert wird.
Der Streit ist nicht neu, hält aber weiter an. Früherer Heraus- und heutiger Namensgeber der Kommentierung des Bürgerlichen Gesetzbuches ist seit 1938 Otto Palandt. Der Nationalsozialist war unter anderem als Präsident des Reichsjustizprüfungsamtes für die Organisation der Juristenausbildung nach NS-Vorstellung verantwortlich. Dieses Erbe ist vielen ein Dorn im Auge, doch die Meinungen dazu, wie man damit umgehen soll, gehen auseinander.
Denkmal oder Stolperstein?
Der Palandt könne gerade wegen seines Namens als "Stolperstein der jüngeren deutschen Rechtsgeschichte" dienen, sagen die einen. Er führe damit zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Unrechtsjustiz der NS-Zeit. Außerdem sei der Kurz-Kommentar eine Marke und eine Umbenennung wäre mehr als verwirrend.
Die anderen, an erster Stelle die "Initiative Palandt umbenennen", wollen aber eben das erreichen. In ihrer Petition erklären sie, es gehöre zum gesellschaftlichen Konsens in unserem Land, keine Denkmäler für Nationalsozialisten zu pflegen und fordern, der "grotesken Ehrerweisung ein Ende zu setzen".
Für seine aktuelle 77. Auflage hatte sich der Beck-Verlag nach den Diskussionen dazu entschlossen, den Titel beizubehalten, aber einen Hinweis auf die Verwicklung seines Namensgebers in das NS-Unrechtssystem einzufügen.
Ausgangspunkt für den nun geplanten Vorstoß im Rechtsausschuss sind nach Aussage von Fechner die Erfahrungen seines Parteikollegen Metin Hakverdi, wie er im Gespräch mit LTO erklärte. Der Hamburger Politiker habe sich nach Gesprächen mit Mitgliedern der "Initiative Palandt umbenennen" von dem Vorhaben überzeugt gezeigt. Weitere Angaben wollte der Abgeordnete jedoch nicht machen. Er müsse jetzt erst einmal Gespräche führen.
Union: Rechtsausschuss ist nicht zuständig
Für einen entsprechenden Beschluss im Rechtsausschuss wird die SPD aber noch einige Überzeugungsarbeit leisten müssen. In der Sache nämlich stimmt sie mit Ihrem Koalitionspartner zwar noch überein: "Es wäre aus meiner Sicht zu begrüßen, wenn der Beck-Verlag die Namensgebung mit Blick auf die belastete Vita des ersten Herausgebers überdenkt," sagte die Rechts- und verbraucherpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion Elisabeth Winkelmeier-Becker zu LTO. Allerdings sehe sie keine Zuständigkeit des Rechtsausschusses und deshalb auch keinen Anlass für eine Beschlussfassung. Die Entscheidung liege ausschließlich beim Verlag.
Die FDP-Bundestagsfraktion bestätigte gegenüber LTO, dass ein solches Vorhaben bisher noch nicht formal in den Rechtsausschuss eingebracht worden sei. Die Freien Demokraten seien aber der Auffassung, dass nicht die Verdrängung einer NS-Unrechtsjustiz, sondern nur eine konstruktiv kritische Auseinandersetzung helfe, so der rechtspolitscher Sprecher Dr. Jürgen Martens. Der Palandt sei in der nun 77. Auflage kein Denkmal für einen NS-Juristen, sondern das zivilrechtliche Standardwerk.
Ob die SPD, die wohl auf die Zustimmung von Grünen und Linken hoffen kann, ihre Kollegen noch umstimmen kann, bleibt abzuwarten. Allerdings könnten die Politiker mit einem Beschluss des Rechtsausschusses auch nur an das Unternehmen appellieren. Die Entscheidung liegt letztlich weiter beim C.H. Beck Verlag.
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SPD-Fraktion plant Beschluss zur Umbenennung: . In: Legal Tribune Online, 24.10.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/31685 (abgerufen am: 06.10.2024 )
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