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Bayern: Ums­trit­tenes Poli­zei­auf­ga­ben­ge­setz ent­schärft

02.12.2020

Polizeischild in Nürnberg

(c) stock.adobe.com - Tupungato

Das seit einigen Jahren viel diskutierte PAG in Bayern soll entschärft werden. Unter anderem sollen die Befugnisse der Polizei nun doch eingeschränkt und das Recht auf einen Anwalt bei Polizeigewahrsam gewährt werden.

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Das umstrittene bayerische Polizeiaufgabengesetz (PAG) wird deutlich entschärft. Darauf haben sich nach langen Verhandlungen CSU und Freie Wähler mit dem Innenministerium des Landes geeinigt. Wie die Regierungsfraktionen am Mittwoch in München mitteilten, soll die Gesetzesnovelle im Februar 2021 in den Landtag eingebracht und voraussichtlich Mitte des kommenden Jahres in Kraft treten.

Unter anderem sieht das Änderungsgesetz vor, dass die Polizei künftig weniger Befugnisse bei einer sogenannten drohenden Gefahr hat als zunächst angedacht. Künftig darf die Polizei hier nur noch handeln, wenn es um überragend wichtige Rechtsgüter wie den Schutz von Leib und Leben geht. Bisher war dies etwa auch möglich, wenn "erhebliche Eigentumspositionen" bedroht scheinen. Ferner sollen durch neue Definitionen die Begriffe "drohende" und "konkrete Gefahr" besser voneinander abgegrenzt werden.

CSU und Freie Wähler hatten sich bereits in ihrem Koalitionsvertrag auf eine Novelle des Gesetzes verständigt, das die CSU in der vergangenen Legislaturperiode aufgrund ihrer damaligen absoluten Mehrheit noch im Alleingang beschlossen hatte. Das Gesetz war immer wieder Anlass für massive Kritik von Opposition und Bürgerrechtlern. Viele Tausend Menschen hatten auf Initiative eines Bündnisses von mehr als 100 Organisationen dagegen demonstriert, weil sie dadurch die demokratischen Rechte der Menschen gefährdet sahen. Grüne und SPD hatten in der Folge zudem gegen das Gesetz Verfassungsklagen eingereicht, die Urteile stehen aber noch aus. Im März 2019 hatte der Bayerische Verfassungsgerichtshof jedoch eine Eilantrag gegen das PAG abgelehnt.

Neu: Recht auf einen Rechtsanwalt bei Ingewahrsamnahme

Die nun vereinbarten Änderungen gehen auf die Vorschläge einer Expertenkommission aus dem September 2019 zurück. Hierzu zählen auch verschärfte Regeln für DNA-Analysen und die deutliche Verkürzung eines richterlich angeordneten Gewahrsams von bisher drei auf nunmehr maximal zwei Monate. Wer zur Verhinderung von möglicherweise drohenden Straftaten präventiv länger als einen Tag in Gewahrsam genommen wird, hat künftig einen Anspruch auf einen Rechtsanwalt. Zuvor hatte es im PAG nur den Verweis auf das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen (FamFG) gegeben, wo es das Institut des Pflichtverteidigung nicht gibt.

Innenminister Joachim Herrmann (CSU), der das Gesetz auch in seiner vorherigen Fassung immer gegen jegliche Kritik verteidigt hatte, betonte, dass mit der Novelle die Rechte der Bürger verbessert würden. "Gleichzeitig bleibt die effektive Gefahrenabwehr durch unsere Polizei und damit das hohe Schutzniveau für die bayerische Bevölkerung unser oberstes Ziel."

"Für die Sicherheit der Menschen in Bayern braucht unsere Polizei wirksame Befugnisse auf der Höhe der Zeit. Das ist und bleibt unser Grundsatz bei der Ausgestaltung des Polizeiaufgabengesetzes", sagte auch CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer. Zugleich sei es aber auch darum gegangen,"mögliche Bedenken" auszuräumen sowie Anregungen aus der Praxis aufzunehmen und die Richtervorbehalte klar zu regeln.

dpa/vbr/LTO-Redaktion

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Bayern: . In: Legal Tribune Online, 02.12.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43608 (abgerufen am: 15.06.2025 )

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