Einem Polizeianwärter wird nach seinem Coming-Out als Transmann vorgeworfen, er habe bei der Eignungsuntersuchung arglistig getäuscht. Laut OVG muss er aber erstmal weiter beschäftigt werden, bis die Sache geklärt ist.
Die Polizei Sachsen muss einen Transmann weiter beschäftigen, dessen Ausbildung sie nach seinem Coming-out abbrechen wollte. Der Polizeianwärter wehrt sich juristisch dagegen, dass seine Ernennung zum Beamten auf Widerruf zurückgenommen wurde. Das sächsiche Oberverwaltungsgericht (OVG) hat im Eilverfahren entschieden, dass der junge Mann zunächst weiter beschäftigt werden muss (Beschl. v. 06.04.2022; Az. 2 B 402/21). Ein endgültiges Urteil steht also noch aus.
Im Kern geht es um den Vorwurf der arglistigen Täuschung und möglicherweise falsche Angaben bei der Eingangsuntersuchung. Am Freitag hatten zunächst die Leipziger Volkszeitung und die Sächsische Zeitung darüber berichtet.
Die Entwicklung des Falls ist kompliziert. Nach Angaben des Anwalts bewarb sich der Mann offiziell noch als weibliche Person bei der Polizei. Sämtliche Zugangshürden inklusive der Sportprüfungen habe er locker genommen. Während der Ausbildung an der Polizeifachschule in Schneeberg habe er dann Gedanken geäußert, dass er eine Transition plane. Danach seien seitens der Polizei Vorwürfe erhoben worden, dass er bei der Eingangsuntersuchung gelogen habe.
Konkret geht es laut Anwalt Helmut Schwarz darum, dass er auf die Frage, ob er eine psychologische Beratung oder psychotherapeutische Behandlung in Anspruch genommen hat, mit "nein" geantwortet hatte.
Polizei soll zur Ausbildung verpflichtet werden
Das Innenministerium erklärte auf Anfrage, sich zum konkreten Sachverhalt wegen des Persönlichkeitsschutzes nicht äußern zu wollen. Grundsätzlich herrschten bei der Polizei gleiche Chancen für alle, die sexuelle Orientierung spiele im Auswahlverfahren keine Rolle. "Wer in Bewerbungsverfahren umfassende und wahrheitsgemäße Angaben macht, hat keine Nachteile", teilte das Ministerium mit.
Das OVG hat sich in seinem Beschluss im April mit den strittigen Punkten auseinandergesetzt. Letztlich könne aber nur eine Beweisaufnahme die Abläufe klären, so das OVG. Dafür ist das Verwaltungsgericht Chemnitz zuständig. So lange der Streit im Hauptsacheverfahren nicht entscheiden ist, müsse der junge Mann seine Polizeiausbildung fortsetzen dürfen, entschied das OVG.
Anwalt Schwarz beklagt derweil, dass die sächsische Polizei sich nicht wie ein ehrlicher Verlierer verhalte, sondern jetzt in Schweigen verfallen sei und nichts mehr mache. Darum habe er diese Woche beim Verwaltungsgericht Chemnitz beantragt, dass die Polizei unter Androhung eines Zwangsgeldes verpflichtet wird, seinen Mandanten weiter auszubilden. Auch eine Entscheidung darüber steht noch aus.
dpa/cp/LTO-Redaktion
OVG Sachsen: . In: Legal Tribune Online, 13.05.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48446 (abgerufen am: 12.11.2024 )
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