Der Fall des ehemaligen Kölner Polizeipräsidenten könnte Folgen für die Besetzung von Stellen mit politischen Beamten in NRW haben. Das OVG hat diesbezüglich nämlich Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit und ruft das BVerfG an.
Die in Nordrhein-Westfalen gängige Praxis, die Posten der Polizeipräsidenten mit politischen Beamten zu besetzen, könnte nach einer Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts in Münster ein Verstoß gegen das Grundgesetz darstellen (Beschl. v. 15.12.2021, Az. 6A 739/18). Deshalb setzte das OVG nach einer mündlichen Verhandlung den Streit um die Versetzung des ehemaligen Kölner Polizeipräsidenten Wolfgang Albers vorerst aus. Das OVG legte die Frage jetzt dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe vor.
Albers, Jahrgang 1955, hat das Ruhestandsalter längst erreicht, arbeitet aber nach einer Aussage noch als Anwalt in einer Kanzlei im Rheinland. Seit Jahren klagt er gegen seinen vorzeitigen Ruhestand, nachdem ihn die rot-grüne Landesregierung im Januar 2016 nach den Vorfällen in der Silvesternacht 2015/2016 mit zahlreichen sexuellen Übergriffen gegenüber Frauen auf der Kölner Domplatte von seiner Aufgabe entbunden hatte.
Anke Schulte-Trux, Vorsitzende Richterin des 6. OVG-Senats, betonte in der mündlichen Verhandlung, dass das Gericht Albers Klage ohne die geäußerten Verfassungsbedenken abgewiesen hätte. Das Land habe nach den Landesvorgaben rechtmäßig gehandelt. Das gestörte Vertrauensverhältnis nach der Silvesternacht sei durchaus nachvollziehbar. Auch wenn es dabei nicht um persönliche Fehler des damaligen Spitzenbeamten gehe. Das Land habe vor dem nächsten anstehenden Großereignis, dem Karneval, zu Recht Sorge gehabt, dass die Bevölkerung in Köln Zweifel an der Amtsleitung hat.
Eingriff in das Lebenszeitprinzip
Allerdings greife die Möglichkeit, den Polizeipräsidenten jederzeit in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen in das Lebenszeitprinzip ein, führte die Richterin aus. Danach seien Beamte grundsätzlich auf Lebenszeit zu beschäftigen. Als politischer Beamter muss der Polizeipräsident jederzeit befürchten, in den Ruhestand versetzt zu werden, auch wenn er den Anforderungen seines Amtes vollumfänglich gerecht wird. Dieser Eingriff in das Lebenszeitprinzip sei nicht gerechtfertigt, denn der Polizeipräsident gehöre nicht zum Kreis enger Berater der Regierung, argumentierte das OVG.
Das OVG betonte, dass ein Polizeipräsident eben nicht die Aufgabe habe, politische Ziele an der Nahtstelle zwischen Politik und Verwaltung umzusetzen. Das würde schon daraus deutlich, dass in den kreisfreien Städten Polizeipräsidenten für die Kriminalitätsbekämpfung, Gefahrenabwehr und die Verkehrspolizei zuständig sei, während diese Aufgabe in den Kreisen von den gewählten Landräten übernommen werden. Diese seien zum Teil Vertreter von Parteien, die nicht in der Landesregierung seien.
Albers hatte bereits in der Vorinstanz vor dem Verwaltungsgericht Köln darauf verwiesen, dass er in seiner Rolle als Polizeipräsident kein einziges Mal in beratender Funktion in einem Ministerium war. In Düsseldorf sei er höchsten zu Treffen der Ämterkollegen gewesen.
cp/dpa/LTO-Redaktion
OVG NRW ruft das BVerfG an: . In: Legal Tribune Online, 15.12.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46946 (abgerufen am: 02.12.2024 )
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