Zum Beherbergungsverbot gibt es eine weitere Entscheidung: Das OVG in Schleswig-Holstein weicht von der Auffassung der Kollegen in Niedersachsen und Baden-Württemberg ab und hat das Verbot in "seinem" Bundesland vorerst nicht gekippt.
Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat einen Eilantrag gegen das Beherbergungsverbot in dem Bundesland abgelehnt (Beschl. v. 15.10.2020, Az. 3 MR 45/20). Eine Familie aus dem Kreis Recklinghausen (Nordrhein-Westfalen), die ab Freitag auf Sylt Urlaub machen wollte, hatte den Antrag gestellt, wie das Gericht am späten Donnerstagabend mitteilte. Der Senat beurteilte die für den Eilantrag maßgeblichen Erfolgsaussichten in der Hauptsache als offen. Insbesondere die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Regelung lasse sich "angesichts der äußerst knappen Frist" nicht abschließend beantworten, hieß es in einer Gerichtsmitteilung. Die Folgenabwägung gehe daher zulasten der Familie aus.
Würde der Vollzug des Beherbergungsverbotes jetzt ausgesetzt, könnten Menschen aus inländischen Risikogebieten zu touristischen Zwecken unkontrolliert nach Schleswig-Holstein kommen, so die Begründung der Richter. In Anbetracht der am Donnerstag veröffentlichten Zahlen über den Anstieg der Neuinfektionen könne dies zu Gefährdungen für das öffentliche Gesundheitswesen führen, "zumal eine Weiterverbreitung des Coronavirus oft unentdeckt und schwer kontrollierbar" erfolge, wie es in der Mitteilung des Gerichts heißt.
Die Richter in Schleswig betonten, angesichts des bundesweit rasanten Anstiegs der Infektionen sei die Landesregierung nicht gehalten, zu warten, bis sich die Situation in Schleswig-Holstein in ähnlicher Weise entwickele wie in den inländischen Risikogebieten. Bei einer Gesamtbetrachtung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes überwiege deshalb das Interesse der Gesamtbevölkerung am Schutz vor einer Weiterverbreitung des Coronavirus gegenüber den Interessen der antragstellenden Familie an einer touristischen Reise. Denn diese habe es in der Hand, durch einen negativen Corona-Test den Urlaub auf Sylt "zeitnah zu realisieren". Es sei der Familie auch zumutbar, die Kosten der Tests zu tragen, so der Senat.
Andere Gerichte halten Beherbergungsverbot für verfassungswidrig
In Baden-Württemberg und Niedersachsen hatten Verwaltungsrichter das Verbot am Donnerstag für rechtswidrig erklärt. Der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim sah einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht auf Freizügigkeit. Das Beherbergungsverbot sei daher voraussichtlich verfassungswidrig. Das OVG in Lüneburg hielt das Verbot für zu unbestimmt und zweifelte daran, ob es überhaupt geeignet und erforderlich ist.
Das OVG Schleswig entschied am Donnerstag außerdem, dass die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Unterricht, auf dem Gelände von Schulen und bei schulischen Veranstaltungen außerhalb des Schulgeländes vorerst Bestand hat (Beschl. v. 15.10.2020, Az. 3 MR 43/20). Antragstellerin war eine Schülerin der Sekundarstufe I, die geltend machte, dass die in der Verordnung vorgesehenen Ausnahmen von der Maskenpflicht zu streng seien.
Der Senat wies darauf hin, dass die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Unterricht "unterhalb der Schwelle einer Schulschließung als Maßnahme" liege. Dass es bei Kindern und Jugendlichen durch das mehrstündige Tragen einer Alltagsmaske zu gravierenden körperlichen Einschränkungen komme, sei medizinisch nicht belegt.
Beide Beschlüsse des Senats sind unanfechtbar.
Update am Tag der Veröffentlichung, 11.22 Uhr: Wie kurz nach Veröffentlichung dieses Artikels bekannt wurde, hat sich der Freistaat Bayern dazu entschieden, seine Regelungen für das Beherbergungsverbot nicht zu verlängern. Es läuft damit Freitagmitternacht aus.
dpa/acr/LTO-Redaktion
OVG Schleswig lehnt Eilantrag ab: . In: Legal Tribune Online, 16.10.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43125 (abgerufen am: 13.11.2024 )
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