Die Glücksspielaufsicht hatte gegenüber dem Telekommunikationsanbieter 1&1 angeordnet, Internetseiten mit illegalem Glücksspiel zu sperren. Das durfte sie so aber nicht, entschied nun das rheinland-pfälzische OVG.
Für die von der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder gegenüber dem Telekommunikationsanbieter 1&1 angeordnete Sperrung von Internetseiten eines ausländischen Glücksspielanbieters besteht keine Rechtsgrundlage. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz in einem Eilverfahren (Beschl. v. 31.01.2023, Az. 6 B 11175/22).
Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder ist bundesländerübergreifend verantwortlich für die Bekämpfung von illegalem Glücksspiel im Internet und der Werbung dafür. Sie hatte gegenüber dem Anbieter von Telekommunikationsdiensten 1&1 mit Sitz in Rheinland-Pfalz angeordnet, bestimmte Internetseiten mit Glücksspielangeboten von zwei Lotterieunternehmen mit Sitz in Malta zu sperren. Durch eine solche Sperrung ist ein Zugriff über die vom Access-Provider in Deutschland zur Verfügung gestellten Zugänge zum Internet nicht mehr möglich.
Der Telekommunikationsanbieter hatte daraufhin Klage gegen die Anordnung erhoben und zugleich vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz verlangt. Nachdem das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz den Eilantrag abgelehnt hatte, änderte das OVG die Entscheidung nun ab und ordnete die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die angefochtene Sperrungsanordnung an. Nach Ansicht des OVG ist die Sperrungsanordnung dem Internetanbieter gegenüber offensichtlich rechtswidrig.
Keine Rechtsgrundlage für Sperrverfügung
Die Anordnung könne nämlich nicht auf die Ermächtigungsgrundlage in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) gestützt werden, stellten die Richter fest. Nach dieser Bestimmung kann die Behörde als Glücksspielaufsicht nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote Maßnahmen zur Sperrung dieser Angebote gegen im Sinne der §§ 8 bis 10 des Telemediengesetzes (TMG) verantwortliche Diensteanbieter, insbesondere Zugangsvermittler und Registrare, ergreifen, sofern sich Maßnahmen gegenüber einem Veranstalter oder Vermittler dieses Glücksspiels als nicht durchführbar oder nicht erfolgversprechend erweisen.
Diese Voraussetzungen seien aber nicht erfüllt, so das OVG. Bei dem Telekommunikationsanbieter handele es sich schon nicht um einen im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG verantwortlichen Diensteanbieter. Denn nach der für den Zugangsvermittler maßgeblichen Regelung des § 8 Abs. 1 S. 1 TMG sind Diensteanbieter für fremde Informationen, zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermittelten, nicht verantwortlich, sofern sie die Übermittlung nicht veranlasst (Nr. 1), den Adressaten der übermittelten Information nicht ausgewählt (Nr. 2) und die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben (Nr. 3). Diese Voraussetzungen für einen Haftungsausschluss erfülle der Anbieter, so die Richter. Weder veranlasse er die Übermittlung der Glücksspielinhalte noch wähle er diese oder den Adressaten aus.
Auch könne die angegriffene Sperrungsanordnung nicht auf die Auffangermächtigung des § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV gestützt werden, nach der die zuständige Behörde die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen könne, so das Gericht. Einer Anwendung dieser allgemeinen Auffangermächtigung stehe die spezialgesetzliche Sonderregelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV im Weg, die eine abschließende Regelung für das Ergreifen von Maßnahmen zur Sperrung unerlaubter Glücksspielangebote gegen Diensteanbieter enthalte.
pab/LTO-Redaktion
Glücksspielbehörde vs. 1&1: . In: Legal Tribune Online, 01.02.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50953 (abgerufen am: 05.10.2024 )
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