Seit seiner Rückkehr aus Afghanistan hat ein KSK-Soldat Angst um sein Leben. Um sich vor einem möglichen Anschlag zu schützen, will er einen Waffenschein für eine Schusswaffe haben. Doch dem OVG NRW reicht das nicht als Grund.
Ein Bundeswehrsoldat, der sich nach Rückkehr von einem Auslandseinsatz durch islamistische Terroranschläge gefährdet sieht, hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Waffenscheins. Das entschied das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht (OVG NRW) in Münster am Mittwoch (Urt. v. 30.08.2023, Az. 20 A 2355/20) und änderte damit ein Urteil des Verwaltungsgerichts Minden ab.
Der Elitesoldat aus Bielefeld war für das Kommando Spezialkräfte (KSK) von 2011 bis 2015 in Afghanistan im Einsatz und geht davon aus, sich seitdem in einer besonderen Bedrohungslage durch islamistische Extremisten zu befinden. Er habe daher ein besonderes Bedürfnis, eine Waffe zu tragen. Das OVG sah das anders: Personen, die Angriffe auf sich befürchteten, sei ein Waffenschein nur dann zu erteilen, wenn sie glaubhaft wesentlich mehr als die Allgemeinheit gefährdet seien. Nach Ansicht des Gerichts ließ sich eine solche Gefährdung des Klägers nicht feststellen.
Gemäß § 4 Waffengesetz (WaffG) muss man für eine waffenrechtliche Erlaubnis ein Bedürfnis nachweisen. § 8 WaffG erkennt ein solches beispielsweise dann an, wenn man eine gefährdete Person, Jäger oder Sportschütze ist.
Der heute 42-Jährige KSK-Soldat befürchtet Vergeltungsanschläge auf seine Person nach seinen Afghanistan-Einsätzen. Er hatte daher erstmals 2016 einen Waffenschein beantragt, das Polizeipräsidium Bielefeld lehnte ab. Vor dem Verwaltungsgericht (VG) Minden war er später dann erfolgreich, das Land NRW ging aber in Berufung.
OVG: Schusswaffe würde nicht vor Anschlag schützen
Das OVG NRW stellte nun fest: "Es sind weder tragfähige Anhaltspunkte dafür dargetan, dass KSK-Mitglieder oder sonstige Bundeswehrangehörige im Bundesgebiet objektiv wesentlich mehr einer Gefährdung durch islamistisch motivierte Angriffe als die Allgemeinheit unterlägen." Noch gebe es Hinweise darauf, dass terroristische Gruppierungen mit islamistischen Hintergrund den Kläger identifiziert und als Ziel eines Anschlags ausgemacht hätten. Zudem lasse sich nicht feststellen, dass das Führen einer Schusswaffe geeignet sei, die vom Kläger behauptete Gefährdung seiner Person zu mindern.
Bei seinen Afghanistan-Einsätzen konnte die Identität des Soldaten nicht geheim gehalten werden. Er wurde fotografiert und Fotos von ihm tauchten mit seinem Namen im Internet auf. Die Netzwerke reichten bis nach Deutschland, hatte der Soldat in der ersten Instanz vor dem VG Minden argumentiert. Vor seinem Arbeitsplatz seien mehrmals Männer aufgefallen, die vor dem Kasernengelände Fotos gemacht hätten. Während der Dienstzeit darf der Bundeswehrsoldat zwar eine Waffe tragen. Verlässt er aber die Kaserne, muss er diese dort einschließen.
Das OVG hat keine Revision gegen das Urteil zugelassen. Es kann Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheiden würde.
dpa/lfo/LTO-Redaktion
Gefährdung nach Auslandseinsatz: . In: Legal Tribune Online, 30.08.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52599 (abgerufen am: 04.10.2024 )
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