Die Polizei darf keine Demo-Fotos auf Twitter und Facebook veröffentlichen. Aufnahmen sind nur zur Gefahrenabwehr erlaubt – nicht jedoch zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit, entschied das OVG NRW. Es ließ die Revision zu.
Die Polizei in Nordrhein-Westfalen war nicht berechtigt, Fotos von einer Versammlung zu machen und diese dann auf ihren Social-Media-Kanälen zu veröffentlichen. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW in Münster am Dienstag entschieden und damit zwei Teilnehmern der Versammlung Recht gegeben (Urt. v. 17.09.2019, Az. 15 A 4753/18).
Die beiden Kläger waren auf den veröffentlichen Fotos als Teilnehmer der Versammlung zu sehen. Mit ihrer Klage begehren sie die Feststellung, dass das Vorgehen der Polizei rechtswidrig war. Bereits das Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen urteilte in ihrem Sinne und entschied, dass auf Kundgebungen gar nicht erst der Eindruck von staatlicher Überwachung entstehen dürfe.
Dem schloss sich nun auch das OVG an. Das Erstellen von Fotos durch Polizeibeamte sei ein Eingriff in das Versammlungsgrundrecht aus Art. 8 Abs. 1 Grundgesetz, so das OVG zur Begründung. Polizeiliche Foto- und Videoaufnahmen seien grundsätzlich geeignet, einschüchternd, abschreckend oder in sonstiger Weise verhaltenslenkend auf die Teilnehmer einer Versammlung zu wirken. Das gilt laut OVG auch für Aufnahmen, die erklärtermaßen für die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei Verwendung finden sollen.
Polizei darf sich selbst fotografieren
"Wir haben für solche Aufnahmen keine gesetzliche Grundlage gefunden", sagte der Vorsitzende Richter Sebastian Beimesche. Schon das Anfertigen der Fotos durch Polizeibeamte sei rechtswidrig gewesen. Das Versammlungsgesetz erlaube Film- und Tonaufnahmen nur zum Zwecke der Gefahrenabwehr. Das Land hatte sich in der Berufungsbegründung auf das Kunsturhebergesetz und auf die allgemeine Befugnis zu staatlichem Informationshandeln berufen. Das OVG wies diese Auffassung aber zurück.
Die Polizei könne über ein Versammlungsgeschehen auch ohne solche Bilder informieren, entschied das OVG. Gänzlich auf eine Bebilderung müsse sie dabei nicht verzichten. So könnten die Beamten etwa ausschließlich ihre eigenen Einsatzkräfte und -mittel abbilden oder auf Archivfotomaterial zurückgreifen, auf dem der Versammlungsort zu sehen sei. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat der Senat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.
acr/LTO-Redaktion
OVG NRW zur Social-Media-Arbeit der Polizei: . In: Legal Tribune Online, 17.09.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37675 (abgerufen am: 16.10.2024 )
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