Kurz nachdem der NSU aufgeflogen war, vernichtete in Referatsleiter beim Verfassungsschutz Akten zu V-Leuten aus der rechten Szene. Die Behörde muss den Ausgang des Disziplinarverfahrens gegen den Mann nicht offenlegen, entschied das OVG NRW.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) muss einem Journalisten nur teilweise Auskunft über das Disziplinarverfahren gegen einen nur unter dem Tarnnamen "Lothar Lingen" bekannten Referatsleiter der Behörde geben. Dies hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen am Donnerstag entschieden (Urt. v. 20.09.2018, Az. 15 A 3070/15).
Der Beamte hatte kurz nach dem Bekanntwerden der rechtsextremen Terrororganisation NSU im November 2011 einige der im BfV geführten Akten zu V-Leuten aus der rechten Szene vernichtet. Daraufhin wurde ein Disziplinarverfahren gegen den Mann eingeleitet. Der damalige Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm musste seinen Posten 2012 wegen der Aktion räumen.
Der Kläger, ein Journalist, verlangt vom Bundesamt Auskunft über das Disziplinarverfahren. Vor allem möchte er wissen, wie das Verfahren ausgegangen ist und mit welchem Aufwand das BfV die disziplinarischen Ermittlungen geführt hat. Das Verwaltungsgericht Köln hatte der darauf gerichteten Klage des Journalisten weitgehend entsprochen.
Keine Informationen über Verfahrensausgang
Das OVG änderte das Urteil nun teilweise ab. Über den konkreten Ausgang des Verfahrens und die von Kollegen des Beamten möglicherweise angestellten Vermutungen über dessen Motive müsse das BfV keine Auskunft geben. Demgegenüber seien insbesondere Informationen zur Dauer des Ermittlungsverfahrens, zum Umfang der Ermittlungsakte, zur Zahl der befragten Personen und zur Frage, ob der Beamte eigenmächtig gehandelt habe, zu erteilen.
Bei einem Teil der Fragen überwiege das öffentliche Interesse das Persönlichkeitsinteresse des Beamten und das Vertraulichkeitsinteresse seines Dienstherrn, entschied das OVG. In der Öffentlichkeit habe die Frage nach einem Versagen der Sicherheitsbehörden im NSU-Fall einen breiten Raum eingenommen, insbesondere die Aktenvernichtung habe Mutmaßungen über ein Behördenversagen begründet. Dass die Disziplinarvorgänge gegen den Beamten inzwischen nicht mehr verwertet werden dürften, stehe der Auskunftserteilung im vorliegenden Einzelfall nicht entgegen, so das OVG.
acr/LTO-Redaktion
Vernichtete NSU-Akten im Verfassungsschutz: . In: Legal Tribune Online, 20.09.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/31051 (abgerufen am: 13.12.2024 )
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