Druckversion
Dienstag, 18.11.2025, 21:08 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/olg-stuttgart-4w75-22-kuendigung-schulvertrag-privatschule-drohungen-corona-eltern
Fenster schließen
Artikel drucken
49569

OLG Stuttgart zu aggressiver Anti-Corona-Mail: Wal­dorf­schule darf Schul­ver­trag wegen Dro­hungen von Eltern kün­digen

08.09.2022

Mann zerreißt Mund-Nasen-Schutz

Eine Privatschule darf den Schulvertrag kündigen, wenn Eltern mit haltlosen Drohungen und Unterstellungen das Vertrauensverhältnis zerstören. Bild: maxxximmm- stock.adobe.com

Weil Eltern die Lehrkräfte einer Waldorfschule wegen der Corona-Maßnahmen bedrohten, kündigte die Schule die Verträge der Kinder. Das OLG Stuttgart hat die Kündigung jetzt im einstweiligen Verfügungsverfahren bestätigt. 

Anzeige

Eltern, die die Lehrkräfte einer Privatschule wegen der Umsetzung der Corona-Maßnahmen bedrohen, riskieren eine Kündigung des Schulvertrags der Kinder. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart klargestellt und eine Kündigung der Schulverträge für die Töchter der Antragsteller durch den Schulverein einer Freien Waldorfschule in Göppingen im einstweiligen Verfügungsverfahren bestätigt (Beschl. v. 07.09.2022, Az. 4 W 75/22). 

Die Eltern hatten in einer E-Mail an die Lehrkräfte und die Geschäftsleitung der Schule Drohungen, Unterstellungen und Vorwürfe im Hinblick auf die schulische Umsetzung der staatlichen Corona-Maßnahmen ausgesprochen. Sie warfen der Schule unter anderem vor, "alle menschenverachtenden Maßnahmen und Verordnungen durchzusetzen", "Verbrechen gegen die Menschheit zu begehen" und hegten den Verdacht, dass es einzelnen Lehrkräften Freude bereite, "Kinder zu erniedrigen und zu belehren".

Daraufhin kündigte der beklagte Schulverein die Schulverträge für die Töchter. Er stützte die Kündigung auf eine Regelung in der Schulvereinbarung mit den Eltern, wonach die Kündigung bei einem unzureichenden Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien mit einer Frist von drei Monaten zum Schuljahresende ausgesprochen werden kann. Ein Eilantrag der Eltern dagegen wies das Landgericht (LG) Ulm zurück. 

Eltern können sich nicht auf Meinungsfreiheit berufen

Die dagegen gerichtete Beschwerde der Eltern blieb vor dem OLG ohne Erfolg. Das Schulvertragsverhältnis sei durch die ordentliche Kündigung wirksam beendet worden. Die Kündigungsklausel im Schulvertrag sei wirksam und stelle keine unangemessene Benachteiligung dar. Die Eltern könnten sich auch nicht auf § 90 Abs. 6 des baden-württembergischen Schulgesetzes berufen, der einen Schulausschluss nur bei einem Fehlverhalten der Schüler und nicht der Eltern vorsehe. Diese Regelung gelte laut OLG nicht für Schulen in freier Trägerschaft, da diese sich im Rahmen des grundgesetzlichen Rechts zur freien Schülerwahl nach Art. 7 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz von Schülern auch wieder trennen können müssten.

Das OLG wog dabei die Interessen der Töchter an der Fortsetzung des Schulvertrages zum Erreichen ihres Ausbildungszieles mit dem Interesse der Privatschule an der effektiven Verwirklichung ihrer Bildungsziele ab. Beruhe das Konzept auf einer intensiven individuellen Betreuung und Förderung der Schüler:innen, so liege es auf der Hand, dass bei Schüler:innen und deren Eltern die Bereitschaft zur Einordnung und Mitarbeit unerlässliche Voraussetzung sei. Fehle oder entfalle diese Voraussetzung, bestehe ein billigenswertes Interesse der Schule, sich vom Vertrag lösen zu können.

Bei einer solch nachhaltigen Beschädigung des Vertrauensverhältnisses könnten sich die Eltern auch nicht auf ihre Meinungsfreiheit berufen. Die Kündigung sei nicht erfolgt, um einen kritischen Diskurs zu unterbinden, "sondern aufgrund des in Art und Maß völlig haltlosen und unangemessenen Verhaltens" der Eltern, das verschwörungstheoretische Anleihen nehme und sich auf konkrete Drohungen und Unterstellungen erstrecke. Entschuldigt hätten sich die Eltern bis heute nicht, hieß es. 

Der Beschluss im einstweiligen Verfügungsverfahren ist rechtskräftig. Die Eltern können die Wirksamkeit der Kündigung aber noch in einem Hauptsacheverfahren gerichtlich klären lassen.

acr/LTO-Redaktion

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

OLG Stuttgart zu aggressiver Anti-Corona-Mail: . In: Legal Tribune Online, 08.09.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49569 (abgerufen am: 18.11.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Zivil- und Zivilverfahrensrecht
    • Coronavirus
    • Kinder
    • Kündigung
    • Schulen
  • Gerichte
    • Oberlandesgericht Stuttgart
Eine Schülerin erhält eine Prüfungsarbeit zurück. 17.11.2025
Religion

VG Düsseldorf zu konfessionsloser Schülerin:

Kein belie­biger Wechsel zwi­schen Phi­lo­so­phie und Reli­gion

Eine Schülerin kann nicht beliebig zwischen den Fächern Religion und Philosophie und dann noch zwischen evangelisch und katholisch hin- und herwechseln. Zumal es hier augenscheinlich mehr um Lehrer- als um Fachwechsel ging.

Artikel lesen
Christina Block sieht in den Verhandlungssaal 12.11.2025
Prominente

Tonaufnahmen der Block-Kinder aus der Entführungsnacht:

"You're going to your Mama!"

Das Gericht gibt bekannt, warum die Befangenheitsanträge zurückgewiesen wurden. Danach erschüttern persönliche Audioaufnahmen aus der Silvesternacht 2023/24 den Saal. Der 22. Verhandlungstag im Block-Prozess hatte es in sich.

Artikel lesen
Anwar El Ghazi 12.11.2025
Kündigung

LAG Rheinland-Pfalz weist Berufung zurück:

Mainz 05 ver­liert Rechts­st­reit mit Ex-Spieler El Ghazi

Der FSV Mainz 05 hat auch das Berufungsverfahren gegen seinen früheren Spieler Anwar El Ghazi verloren. Die fristlose Kündigung wegen anti-israelischer Posts bleibt damit unwirksam.

Artikel lesen
Christina Block im Vordergrund, Gerhard Delling im Hintergrund 11.11.2025
Prominente

Block-Prozess vorm Landgericht Hamburg:

Warum die Vor­sit­zende der Ste­ak­house-Erbin mit Haft­be­fehl drohte

Im Block-Prozess dreht sich an Tag 21 alles um die mysteriöse israelische Sicherheitsfirma, massive Zweifel an IT-Warnungen und eine scharfe Ansage der Vorsitzenden: Christina Block geht in Haft, wenn sie weiter Kontakt zu Zeugen hat.

Artikel lesen
Die Agentur für Arbeit in Berlin 30.10.2025
EuGH

EuGH zu Anforderungen an Massenentlassungsanzeigen:

Falsch bleibt falsch und ist nicht heilbar

Eine fehlerhafte Massenentlassungsanzeige muss nicht zwangsläufig zur Unwirksamkeit der Kündigungen führen, zumindest das hat der EuGH geklärt – doch viele Fragen zu zwei BAG-Vorlageverfahren bleiben offen.

Artikel lesen
Mann und Frau an einem Scheibtisch im Büro 30.10.2025
Befristung

BAG verneint Regelwert für die Probezeit:

Ein Jahr befristet arbeiten, vier Monate davon auf Probe

Gibt es für die Probezeit eine feste Begrenzung, wenn das Arbeitsverhältnis nur auf kurze Dauer befristet ist? Nein, so das BAG. Solange es im Einzelfall verhältnismäßig ist, kann auch eine vergleichsweise lange Probezeit vereinbart werden.

Artikel lesen
lto karriere logo

Deine Karriere beginnt hier.

Registrieren und nie wieder einen Top-Job verpassen

logo lto karriere
Jetzt registrieren bei LTO Karriere

Finde den Job, den Du verdienst 100% kostenlos registrieren und Vorteile nutzen

  • LTO Job Matching: Finde den Job & Arbeitgeber, der zu Dir passt.
  • Jobs per Mail: Verpasse keine neuen Job-Angebote mehr.
  • One-Klick Bewerbung: Dein Klick zum neuen Job, einfach und schnell.
Das Passwort muss mindestens 8 Zeichen lang sein und mindestens einen Großbuchstaben, einen Kleinbuchstaben, eine Zahl und ein Sonderzeichen enthalten (z.B. #?!@$%^&*-).
Pflichtfeld *

Nur noch ein Klick!

Wir haben Dir eine E-Mail gesendet. Bitte klicke auf den Bestätigungslink in dieser E-Mail, um Deine Anmeldung abzuschließen.

Weitere Infos & Updates einfach und kostenlos direkt ins Postfach.

LTO Karriere Newsletter

Das monatliche Update mit aktuellen Stellenangeboten & Karriere-Tipps.

LTO Daily

Jeden Abend um 18 Uhr die wichtigsten News vom Tag.

LTO Presseschau

Jeden Morgen um 7:30 Uhr die aktuelle Berichterstattung über Recht und Justiz.

Pflichtfeld *

Fertig!

Um die kostenlosen Nachrichten zu beziehen, wechsle bitte nochmal in Dein Postfach und bestätige Deine Anmeldung mit dem Bestätigungslink.

Du willst Dein Bewerberprofil direkt anlegen?

Los geht´s!
ads lto paragraph
lto karriere logo
ads career people

Wir haben die Top-Jobs für Jurist:innen

Jetzt registrieren
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern
Re­fe­ren­da­re | Düs­sel­dorf

Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern , Düs­sel­dorf

Logo von Dentons
Re­fe­ren­dar (m/w/d) Li­ti­ga­ti­on & Dis­pu­te Re­so­lu­ti­on

Dentons , Frank­furt am Main

Logo von Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern
Re­fe­ren­da­re | Frank­furt

Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern , Frank­furt am Main

Logo von Deutsches Anwaltsinstitut e.V.
Re­fe­rent:in der Ge­schäfts­füh­rung (m/w/d)

Deutsches Anwaltsinstitut e.V. , Bochum

Logo von DFH Gruppe
Voll­ju­ris­ten/Syn­di­kus­rechts­an­walt (m/w/d) für den Be­reich Pri­va­tes...

DFH Gruppe , Sim­mern

Logo von ARQIS
Re­fe­ren­dar (m/w/d) Re­gu­lato­ry

ARQIS , Ber­lin

Logo von DLA Piper UK LLP
(Se­nior) As­so­cia­te (m/w/x) im Be­reich En­er­gie­recht

DLA Piper UK LLP , Düs­sel­dorf

Logo von Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern
Re­fe­ren­da­re | Mün­chen

Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern , Mün­chen

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
Digitale Kamingespräche: Wie arbeitet man eigentlich im DFG-Fachkollegium Privatrecht?

19.11.2025

Miet- und Bauprozessrecht I - Erstinstanzliches Verfahren

18.11.2025

Aktuelle Entwicklungen bei der Besteuerung von Personengesellschaften – MoPeG-Folgeänderungen

18.11.2025

Haftungsbescheid gegen den Mandanten – Was ist zu tun? Grundlagen und aktuelle Entwicklungen

18.11.2025

Vermögensschutz in schuldrechtlicher, testamentarischer und gesellschaftsrechtlicher Sicht

18.11.2025

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH