OLG Schleswig-Holstein: Nordic Wal­king, Lek­tion Eins: Stöcke eng am Körper führen!

10.08.2020

Nordic Walking ist laut OLG SH ein schöner Zeitvertreib, mit Gesprächen und Beobachtungen der Natur. Wer dabei aber über die Stöcke stolpert oder seinen Walkingpartner zu Fall bringt, macht etwas grundlegend falsch, erklären die Richter.

Gerät bei einer Nordic Walking Tour der Stock des einen Walkenden zwischen die Beine des anderen Walkenden und stürzt dieser daraufhin oder wird sonst verletzt, haftet der "Stockführende". Auf einen Haftungsausschluss kann er sich dabei nicht berufen, entschied das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein (OLG) in einem aktuellen Urteil (v. 30.7.2020, Az. 6 U 46/18).

Zwei Sportbegeisterte waren im Dezember 2013 gemeinsam unterwegs auf einer Nordic Tour. Dabei trat der walkende Mann gegen einen seiner Stöcke und geriet mit seinem Stock zwischen die Beine der walkenden Frau, woraufhin diese stürzte. Sie verletzte sich das Handgelenk und war daraufhin arbeitsunfähig krank geschrieben. 2015, die Walkerin war immer noch krank geschrieben, kündigte ihr Arbeitgeber ihr dann und sie erhielt Arbeitslosengeld. Dieses wollte die Bundesagentur für Arbeit von dem walkenden Mann erstattet bekommen.

Nordic Walking – eine völlig ungefährlich Sportart

Das OLG entschied nun, dass der Mann grundsätzlich für die Verletzung der Frau hafte, da er beim Walken die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen habe. Nordic Walking sei nämlich ein schnelles Gehen, bei dem sich die Stöcke, so die Ausführungen der Richter, stets hinter dem bewegten Bein befänden. Versehentlich gegen seinen Stock treten können man daher gar nicht – außer, der Walkende mache etwas falsch.

Das Gericht setzte sich auch mit der Möglichkeit eines Haftungsausschlusses auseinander. Machen Menschen gemeinsam Sport, gelte nämlich der Grundsatz, dass die bewusste Inkaufnahme von Verletzungen durch den anderen Sporttreibenden die Haftung begrenze. Allerdings rechne beim gemeinsamen Nordic Walking niemand mit Verletzungen, so das OLG. Zwar könnten die "Gespräche" und "Beobachtungen der Natur" zu einer Ablenkung führen, es sei aber ohne Probleme möglich, dann den Abstand zu verringern. Ohnehin würden die Stöcke eigentlich nah am Körper geführt, sodass von den Stöcken normalerweise keine Gefährdung ausgehe. Nordic Walking sei daher nicht mit Sportarten wie Fußball oder einem Doppel im Tennis vergleichbar, bei dem Körperkontakt unumgänglich sei.

Die Kosten für das Arbeitslosengeld habe der walkende Mann aber trotzdem nicht zu erstatten. Die Frau treffe nämlich eine Mitschuld, da sie nicht gegen die Kündigung des Arbeitgebers vorgegangen sei. Der Arbeitgeber hätte ihr nämlich einen "leidensgerechten" Arbeitsplatz zuweisen können, entschied das Gericht.

ast/LTO-Redaktion

 

Zitiervorschlag

OLG Schleswig-Holstein: Nordic Walking, Lektion Eins: Stöcke eng am Körper führen! . In: Legal Tribune Online, 10.08.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42455/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

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