Bei mehreren Schafen soll es wegen eines Wolfsangriffs zu Fehlgeburten gekommen sein. Entschädigt werden müssen die Tierhalter dafür aber nicht, so das Schleswig-Holsteinische OLG. Dem Land sei nichts vorzuwerfen.
Bei Fehlgeburten von Schafen nach einem Wolfsangriff haben Landwirte keinen Anspruch auf Schadensersatz vom Land. Das entschied das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG), wie es am Donnerstag bekanntgab (Beschl. v. 24.09.2020 u. 03.11.2020, Az. 11 U 61/20).
Die Geschädigten sind zwei Schäfer, deren Herden im Herbst 2018 mehrfach ein Wolf angriff. Nach Gerichtsangaben starben dabei zwölf Schafe. Bei weiteren 140 trächtigen Schafen soll es in der Zeit danach zu Fehlgeburten gekommen. Der Wolf wurde 2019 zum Abschuss freigeben, nachdem er mehrfach "wolfsichere" Zäune überwand. Ums Leben kam er letztlich aber erst ein Jahr später bei einem Autounfall im benachbarten Niedersachsen.
Für gerissene Schafe gibt es in Schleswig-Holstein die sogenannte Wolfsrichtlinie, nach der die Landwirte auch Zuwendungen beantragt haben. Vor Gericht wollten sie nun feststellen lassen, dass das Land nicht nur für die bei dem Angriff getöteten Tiere, sondern ihnen auch für die Fehlgeburten Schadensersatz leisten müsse. Das Land habe nämlich einen "absoluten Schutz" sicherzustellen, also dafür Sorge zu tragen, dass kein Wolf Schafsherden angreift. In erster Instanz waren sie mit ihrer Klage bereits gescheitert.
OLG: Land hat keine Pflicht verletzt
Auch nach der Berufungsentscheidung können die Schafzüchter keinen Schadensersatz vom Land Schleswig-Holstein für den fehlgeborenen Schafnachwuchs verlangen. Es fehle an einer gesetzlichen Grundlage für einen Anspruch, entschied das OLG.
Für einen Anspruch aus Amtshaftung gem. § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und Art. 34 Grundgesetz (GG) etwa müsse ein Landesbeamter zunächst eine Amtspflicht verletzt haben. Es gebe allerdings kein Gesetz, wonach das Land verpflichtet ist, Wölfe von Schafzuchtgebieten fernzuhalten, so der zuständige 11. Senat des OLG. Das Land müsse seine Staatsgrenze also weder einzäunen noch die Wölfe betäuben und wegschaffen, wie es die Schäfer vorgebracht haben. Den Wolf hatte es auch bereits zum Abschuss freigegeben, wie es § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) verlangt - und damit alles Notwendige seinerseits getan.
Auch unmittelbar aus ihren Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 GG) und Berufsfreiheit (Art. 12 GG) leitet sich nach Auffassung des OLG für die Landwirte kein Anspruch ab. Eine Entschädigung komme nur in Betracht, wenn dem Gesetz- oder Verordnungsgeber ein pflichtwidriges Unterlassen vorgeworfen werden kann. Schleswig-Holstein habe aber sowohl Verwaltungsvorschriften erlassen, wonach Landwirte für Wolfsangriffe entschädigt werden können, als auch Regelungen geschaffen, um Bauern bei Schutzmaßnahmen gegen Wolfsangriffe zu unterstützen. Weitergehende Entschädigungsregelungen könnten nicht durch die Rechtsprechung geschaffen werden, heißt es in den Beschlüssen. Dies sei Aufgabe des Gesetzgebers.
mgö/LTO-Redaktion
OLG Schleswig-Holstein: . In: Legal Tribune Online, 19.11.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43483 (abgerufen am: 11.12.2024 )
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