Ein Albaner, der in seinem Heimatland in Abwesenheit zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, kann zur Vollstreckung der Strafe ausgeliefert werden. Nach Ansicht des OLG waren die nötigen Mindestrechte der Verteidigung gewahrt.
In seiner Heimat droht ihm eine zweijährige Freiheitsstrafe, daher versuchte sich ein 42-jähriger albanischer Staatsangehöriger gegen seine Auslieferung zu wehren - ohne Erfolg. Eine Verurteilung in Abwesenheit stehe der Auslieferung zur Vollstreckung der Haftstrafe nicht zwangsläufig entgegen, so das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss (Beschl. v. 23.12.2016, Az.: 1 Ausl 52/16).
Der Mann hatte in seinem Heimatland ihm nicht gehörende Möbelstücke gebraucht verkauft. Dem deswegen anstehenden Strafprozess entzog er sich allerdings und hielt sich später im niedersächsischen Emsland auf. In seiner Abwesenheit wurde er zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und später von Interpol gesucht.
Schließlich konnte er in Deutschland festgenommen werden. Die albanischen Strafverfolgungsbehörden ersuchten den deutschen Staat um Auslieferung zur Vollstreckung der verhängten Strafe. Gegen die Auslieferung wehrte sich der Mann sodann vor dem deutschen Gericht.
Abwesenheit im Prozess kein Ablehnungsgrund
Gemäß § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) kann ein Ausländer, der in einem anderen Staat verurteilt worden ist, zum Zwecke der Strafvollstreckung an diesen ausgeliefert werden. Werden aber bestimmte Mindestrechte des Angeklagten bei einem Strafprozess im Ausland nicht gewahrt, so kann die Auslieferung verweigert werden.
Das OLG erkannte im Fall des Mannes allerdings keinen Ablehnungsgrund. Der Prozess habe zwar ohne die Anwesenheit des später Verurteilten stattgefunden. Dieser habe sich aber freiwillig durch Flucht entzogen und sei zudem durch einen Anwalt vertreten gewesen. Insofern bestehe kein Widerspruch zu den wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung, welche gewahrt werden müssen.
Die Frage der Auslieferung trotz Verurteilung in Abwesenheit hat bereits sowohl das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) als auch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) beschäftigt. Das BVerfG hatte dabei mit Verweis auf das verfassungsrechtlich aus der Menschenwürde herzuleitende Schuldprinzip der Abschiebung eines Amerikaners nach Italien eine Absage erteilt (Beschl. v. 15.12.2015, Az. 2 BvR 2735/14). Die Bestimmungen für die Auslieferung an EU-Staaten unterscheiden sich allerdings von denen für übrige Staaten.
Wegen Fluchtgefahr muss der Mann nun bis zu seiner Auslieferung in Haft bleiben, entschied das OLG.
mam/LTO-Redaktion
Trotz Verurteilung in Abwesenheit im Ausland: . In: Legal Tribune Online, 11.01.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21740 (abgerufen am: 04.12.2024 )
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