Druckversion
Samstag, 24.05.2025, 00:00 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/olg-muenchen-sauter-nuesslein-maskenaffaere-coronavirus-ermittlungsverfahren-keine-bestechlichkeit-bestechung-mandatstraeger
Fenster schließen
Artikel drucken
46691

Nach Beschlüssen des OLG München: BGH muss sich mit Mas­ken­af­färe beschäf­tigen

18.11.2021

Viele Schutzmasken auf einem Tisch.

desertsands - stock.adobe.com

Die Fälle Nüßler und Sauter werden wohl vor den BGH gehen. Gegen mehrere Beschlüsse des OLG, das keine Bestechlichkeit der (Ex-) Abgeordneten der CSU sieht, will die Generalstaatsanwaltschaft in die nächste Instanz gehen.

Anzeige

Die Maskenaffäre um den Ex-CSU-Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein und den CSU-Landtagsabgeordneten Alfred Sauter wird zum Fall für den Bundesgerichtshof (BGH). Die Generalstaatsanwaltschaft München kündigte am Donnerstag an, beim BGH Beschwerde gegen mehrere Entscheidungen des Oberlandesgerichts (OLG) München einzulegen. Zuvor hatten drei Strafsenate des OLG über Beschwerden von Nüßlein, Sauter und eines beschuldigten Unternehmers entschieden.

Dieses hatte zuvor mitgeteilt, dass es im Handeln der Beschuldigten "den Tatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern nicht erfüllt" sieht - wobei das Gericht die aktuelle Rechtslage mit auffallend deutlichen Worten kritisieren.

Nüßlein und Sauter sollen für die Vermittlung von Corona-Maskengeschäften im Jahr 2020 viel Geld bekommen haben, Nüßlein 660.000 Euro, Sauter sogar um die 1,2 Millionen Euro. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte deshalb ein Ermittlungsverfahren gegen Nüßlein, Sauter und einen Unternehmer unter anderem wegen Korruptionsverdachts eingeleitet. Grundlage ist § 108e des Strafgesetzbuchs (StGB) - Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern.

Nüßlein und Sauter bekommen Geld nun zurück

Alle drei hatten sich vor dem OLG gegen Durchsuchungsbeschlüsse und Vermögensarreste gewehrt. Der Unternehmer legte zudem Beschwerde gegen einen Haftbefehl ein, der zwischenzeitlich aber bereits außer Vollzug gesetzt worden war. Diesen Beschwerden gaben drei verschiedene OLG-Senate nun weitgehend statt. Nüßlein und Sauter bekommen damit das Geld aus den Maskengeschäften zurück. Der Haftbefehl wurde nunmehr ganz aufgehoben. Und im Fall Sauter war, anders als bei den beiden anderen, laut OLG-Entscheidung auch schon der Durchsuchungsbeschluss rechtswidrig: Schon bei dessen Erlass habe kein ausreichender Verdacht bestanden, "dass die ihm zugesagte Gewinnbeteiligung auch parlamentarische Tätigkeiten einschließen sollte", hieß es in der Mitteilung des Oberlandesgerichts.

Das OLG befasste sich dabei sehr grundsätzlich mit der gesamten Problematik: Der Tatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern setze voraus, "dass einem Abgeordneten ein Vorteil als Gegenleistung für eine Handlung bei der Wahrnehmung seines Mandats zugewendet beziehungsweise versprochen wird", so das Gericht. "Nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers macht sich dagegen ein Mandatsträger durch die Annahme von unberechtigten Vermögensvorteilen nicht strafbar, wenn er - wie vorliegend geschehen - lediglich die Autorität seines Mandats oder seine Kontakte nutzt, um Entscheidungen von außerparlamentarischen Stellen, zum Beispiel Behörden und Ministerien, zu beeinflussen." Diesen klaren Willen des Gesetzgebers hätten die Senate bei ihren Entscheidungen hinnehmen müssen.

"Eklatanter Widerspruch zum allgemeinen Rechtsempfinden"

Allerdings machten die Richter:innen selbst keinen Hehl daraus, dass sie damit unzufrieden sind: Dass sogar "die missbräuchliche Kommerzialisierung des Mandats unter Ausnutzung einer nationalen Notlage von beispielloser Tragweite" nach aktueller Rechtslage straflos bleibe, erscheine kaum vertretbar und stehe in eklatantem Widerspruch zum allgemeinen Rechtsempfinden, so eine Argumentation.

Die Generalstaatsanwaltschaft will aber auch so eine höchstrichterliche Klärung durch den Bundesgerichtshof herbeiführen. Die Rechtsfrage sei bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden, teilten die Ermittler:innen umgehend mit. "Nach vorläufiger Beurteilung überzeugt die Begründung des Oberlandesgerichts nicht." Die aktuelle rechtliche Würdigung des OLG weiche auch von der rechtlichen Würdigung der Ermittlungsrichterin des OLG ab - diese hatte die Durchsuchungs- und die anderen Beschlüsse damals erlassen.

Zur endgültigen Klärung lege man deshalb Beschwerde zum BGH ein. Das Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern werde weiter fortgeführt. "Rechtlich maßgeblich wird die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in der Sache sein, die es abzuwarten gilt", betonte die Generalstaatsanwaltschaft.

dpa/pdi/LTO-Redaktion

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

Nach Beschlüssen des OLG München: . In: Legal Tribune Online, 18.11.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46691 (abgerufen am: 24.05.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Strafrecht
    • Abgeordnete
    • Coronavirus
    • Durchsuchung
    • Ermittlungsverfahren
    • Straftaten
    • Strafverfahren
  • Gerichte
    • Oberlandesgericht München
Dobrindt bei der Pressekonferenz zur Vorstellung der Statistik zu politisch motivierten Kriminalität 20.05.2025
Straftaten

Neue Fallzahlen zur Politisch motivierten Kriminalität:

Exp­lo­si­ons­ar­tiger Ans­tieg

Bei Straftaten mit politischem Hintergrund gibt es eine alarmierende Entwicklung. Vor allem rechte und antisemitische Straftaten nehmen stark zu. Es sind die höchsten Zahlen seit Beginn der Erhebung.

Artikel lesen
StVE Stollberg/Hoheneck 20.05.2025
Befangenheit

Befangenheitsantrag in DDR-Rehablitationsverfahren abgelehnt:

BVerfG bemän­gelt "grund­le­gende Ver­ken­nung des Gewähr­leis­tungs­ge­halts"

Auch Jahrzehnte später kämpfen DDR-Opfer um Rehabilitierung. Das BVerfG stellte in einem Verfahren nun erhebliche Rechtsverstöße des LG Meiningen fest.

Artikel lesen
Zwei Polizeibeamte begleiten einen Angeklagten in den Gerichtssaal des Oberlandesgerichts München. Prozessbeginn zu Spionagevorwürfen. 20.05.2025
Nachrichten

Oberlandesgericht München:

Pro­zess­be­ginn wegen Spio­na­ge­vor­würfe

Drei Deutsch-Russen stehen in München wegen Spionagevorwürfen vor Gericht. Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe – einer soll laut Verteidigung nur auf eigene Faust den Spion gespielt haben. 

Artikel lesen
iPhone Touch ID 20.05.2025
Ermittlungsverfahren

BGH entscheidet erstmals:

Zwangs­weises Fin­ger­auf­legen zur Smart­phone-Ent­sper­rung recht­mäßig

Der BGH hat eine lange umstrittene Frage entschieden: die Polizei darf Finger unter Zwang aufs Handy legen – jedenfalls unter bestimmten Voraussetzungen.

Artikel lesen
Polizeimitarbeiter in Uniform nimmt DNA-Spuren 16.05.2025
DNA-Analyse

Justizminister wollen DNA-Analyse erweitern:

"Der Vor­schlag ist ras­sis­tisch"

Anwaltsverbände sind empört: Die Länderjustizchefs wollen sich Anfang Juni für die hochumstrittene "biogeografische DNA-Analyse" aussprechen. Bei der Suche nach Straftätern könnten dann auch Aussagen über deren Herkunft getroffen werden. 

Artikel lesen
Quarzhandschuhe, die bei geballter Faust bretthart werden 16.05.2025
Körperverletzung

BGH sieht "durchgreifenden Rechtsfehler":

20 Schläge mit Quarz­hand­schuhen spre­chen für Töt­ungs­vor­satz

Drei Täter, die ihrem Opfer mit Quarzsandhandschuhen über 30 Sekunden lang 20-mal ins Gesicht schlagen: Hier nicht von bedingtem Tötungsvorsatz auszugehen, ist abwegig, hat der BGH klargestellt und ein Urteil des LG Marburg aufgehoben.

Artikel lesen
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von CMS Deutschland
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) für den Be­reich Wirt­schafts­straf­recht

CMS Deutschland , Stutt­gart

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Neu­rup­pin

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Cott­bus

Logo von RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) als An­ge­s­tell­te oder in frei­er Mit­ar­beit

RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH , 100% Re­mo­te

Logo von Wolters Kluwer
Ju­rist als Pro­dukt­ma­na­ger im Be­reich Con­tent - Straf­recht (m/w/d)

Wolters Kluwer , Hürth

Logo von GvW Graf von Westphalen
Re­fe­ren­da­re (m/w/d) Stand­ort Ham­burg

GvW Graf von Westphalen , Ham­burg

Logo von Oppenhoff
Re­fe­ren­da­re (m/w/d) al­le Fach­be­rei­che

Oppenhoff , Köln

Logo von Oppenhoff
Re­fe­ren­da­re (m/w/d) al­le Fach­be­rei­che

Oppenhoff , Frank­furt am Main

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
Matchwinner Verfahrensrecht

26.05.2025

Logo von Deloitte Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Das EU-Geldwäscheprävention-Maßnahmenpaket

28.05.2025

Der Umgang mit Betriebsprüfern und Steuerfahndern

28.05.2025

Logo von Leuphana Universität Lüneburg
Triff Möhrle Happ Luther auf der FOR YOUR CAREER in Lüneburg

27.05.2025, Lüneburg

Krisenland. Finanzielle Restrukturierung durch StaRUG-Verfahren.

05.06.2025, Frankfurt am Main

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH